Dienstag, 12. Februar 2019

Donzdorfer Kapellenweg - Teil 9.6: Die Nenninger Pietà - auf Ausstellungen und bei Restaurierungen

© Gabriele von Trauchburg


Wegen ihrer außerordentlichen Ausdrucksstärke fasziniert die Nenninger Pietà ihre Betrachter. Um diese Wirkung einem breiten Publikum erfahrbar zu machen, wurde sie seit den 1950er Jahren bei großen nationalen und internationalen Ausstellungen der Öffentlichkeit vorgestellt:


Nenninger Pietà mit Fassung im Stil des Historismus, Foto 1874 - © GvT
Nenninger Pietà mit purpurroter Farbprobe - © GvT
1951 - München
Für dieses Jahr hatte man in München die große Ausstellung ‘Franz Ignaz Günther’ geplant. Auch die Nenninger Pietà sollte Bestandteil dieser Ausstellung sein. Vor der Eröffnung wurde sie deshalb in München umfassend restauriert. Dabei nahm man ihre Fassung von 1855 ab.
Wie man auf dem Foto von 1874 erkennen kann, hatte der Schwäbisch Gmünder Maler Klein den Mantel der Muttergottes auf der Innenseite mit Ornamenten im Stil des Historismus dekoriert. Das Kleid der Maria war in leuchtendem Kardinalpurpurrot gestaltet (s. Foto rechts) und der Mantel in Ultramarinblau. 
Titelblatt des Katalogs von 1958
Nach der Farbabnahme kam die von Franz Ignaz Günther vorgeschriebene Originalfassung in zarten pastellartigen Farben wieder zum Vorschein. Diese Günther-Fassung konnte bis heute erhalten werden.

1951 - Stuttgart
Nach der Münchner Ausstellung zeigte das Württembergische Landesmuseum in Stuttgart ebenfalls die frisch restaurierte Pietà.

1954 - London und Paris
Dieses Jahr markiert die erste große Auslandsreise der Nenninger Pietà. Zuerst wurde sie in der National Gallery in London vorgestellt. Anschließend gastierte die Figurengruppe im Louvre in Paris.

1958 - Brüssel
Während der Weltausstellung wurde die Pietà im päpstlichen Pavillon zwischen anderen international bekannten christlichen Kunstobjekten gezeigt. Ihre Anwesenheit dort belegt der dazu erschienene Katalog.    

1960 - Anfrage aus New York
Im Jahre 1960 erreichte die Kirchengemeinde eine Ausleihanfrage aus New York. Doch der Kirchengemeinderat erteilte diesem Ansinnen einen abschlägigen Bescheid, weil das Gremium Angst um den Zustand der Figur bei einer derartig weiten Reise befürchtete. 

1981 - Bruchsal
Vom 27. Juni bis zum 25. Okt. 1981 fand im Schloss Bruchsal die Ausstellung ‘Barock in Baden-Württemberg. Vom Ende des 30jährigen Krieges bis zur französischen Revolution’ statt. Das Badische Landesmuseum Karlsruhe hatte diese Ausstellung unter der Schirmherrschaft des damaligen Ministerpräsidenten Lothar Spät organisiert.

2003-2004 - Stuttgart
In der Zeit zwischen 2003 und 2005 wurde die Pietà-Kapelle und zugleich die Nenninger Pietà einer gründlichen Renovierung bzw. Restaurierung unterzogen. Dazu kam die Nenninger Pietà in die Räume des Landesamtes für Denkmalpflege Baden-Württemberg. Im Verlauf der Arbeiten wurde die Figurengruppe intensiv untersucht. Und dabei kam erstaunliches zutage.
Erstmals wurde dabei untersucht, mit welchem Verfahren Franz Ignaz Günther die überlebensgroßen Figuren zu einem einzigen Bildwerk zusammengesetzt hatten. Mit Hilfe eines farbigen Schemas erläuterten die Restauratoren ihre Ergebnisse. Die Figurengruppe ist aus Lindenholz geschnitzt. Für das Gesamtergebnis verwendete Franz Ignaz Günther 18 verschiedene, kunstvoll miteinander verdübelte Holzblöcke (s. Schema, Landesamt f. Denkmalpflege Baden-Württemberg).
Schema - © Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg


2004-2005 - Stuttgart
Nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten wurde die Nenninger Pietà von Oktober 2004 bis Mai 2005 im Alten Schloss in Stuttgart in der Ausstellung ‘Große Kunst im Kleinformat’ gezeigt.

2014 - Nenningen
Im Zuge der Vorbereitungen für die Ausstellung ‘Leid - Trost - Hoffnung. Marienklagen im Wandel der Zeit’ anlässlich des 240. Jubiläums der Nenninger Pietà in der Pietà-Kapelle beurteilte das Landesamt für Denkmalpflege deren Zustand. Aufgrund der Erkenntnisse von 2004 wurde beschlossen, dass die Nenninger Pietà zu wertvoll ist, um irgendwelchen zusätzlichen Belastungen ausgesetzt zu werden. Sie darf daher nicht mehr bewegt werden, keine Reise zu irgendeiner Ausstellung mehr antreten und nur noch im Kapellenraum selbst von Schmutz gereinigt und restauriert werden. 
Aus diesem Grund musste die Kirchengemeinde Nenningen schweren Herzens der Anfrage zur großen Ausstellung ‘Mit Leib und Seele - Münchner Rokoko von Asam bis Günther’ (Dez. 2014 - April 2015) ablehnen.

Quellen und Literatur

- Imago Christi, Katalog des päpstlichen Pavillions bei der Weltausstellung in Brüssel, Antwerpen 1958
- Adolf Feulner, Ignatz Günther - Der große Bildhauer des bayerischen Rokoko, Katalog, München 1951
- Gabriele von Trauchburg, Leid - Trost - Hoffnung. Marienklagen im Wandel der Zeit, Katalog, Donzdorf/Lauterstein 2014
- Gabriele von Trauchburg, Lauterstein. Weißenstein-Nenningen, Kirchenführer, Lauterstein 2015
- www.pieta-nenningen.de








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