Mittwoch, 13. Februar 2019

Der Donzdorfer Kapellenweg - Teil 9.4: Franz Ignaz Günther, Bildhauer der Nenninger Pietà

© Gabriele von Trauchburg


Franz Ignaz Günther (1725-1775) entstammt einer Familie, die schon mindestens zwei Generationen vorher sich kunsthandwerklich betätigte. Seine ersten Erfahrungen in der Bildhauerei sammelte Günther in der väterlichen Schreinerei im Markt Altmannstein (Lkr. Eichstätt) in der bayerischen Hofmark Hexenagger.

München
Im Alter von 19 Jahren erhielt er die große Chance, bei dem renommierten und hochangesehenen Münchner Bildhauer, Johann Baptist Straub, seine Ausbildung fortzusetzen.
Johann Baptist Straub ist für unsere Region kein Unbekannter. Straub kommt aus bayerischen Herrschaft Wiesensteig. Er selbst, seine Brüder und Vettern beeinflussten die Entwicklung der Barockbildhauerei im gesamten südöstlichen Raum des Kurfürstentums Bayern und der Habsburger Monarchie. Von 1743 bis 1750 war Günther Schüler von Johann Baptist Straub in München. 

Wanderschaft
Nach Abschluss der Ausbildung bei Straub begab sich Günther ab 1750 auf die von der Berufsausbildung erwarteten Wanderschaft. Sie führte ihn zunächst nach Salzburg (1750), anschließend zum Hofbildhauer Paul Egell in Mannheim (1751/52). In Mannheim gab es damals die große Baustelle des Schlosses von Pfalzgraf und Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz sowie Herzog von Jülich-Berg. Hier begegnete er den besten Künstlern und Kunsthandwerkern seiner Zeit. Und er bekam die Gelegenheit zur Mitarbeit unter Egell. 
1752 findet man dann Günther in Olmütz in Mähren. Er arbeitete dort in der Werkstatt eines lokalen Bildhauers. Als dieser verstarb beendete Günther den Auftrag für einen Altar, der dann in das nahegelegene Geppersdorf (Kopřivnà, Tschechien) ausgeliefert wurde.

Wien, Akademie
Im folgenden Jahr begab sich Günther zur weiteren theoretischen Ausbildung in die Bildhauerklasse der Akademie in Wien (1753), die er mit 'Premium' abschloss. Bereits dort zeigte sich das umfassende Talent von Franz Ignaz Günther. Obwohl er seinen Abschluss in der Bildhauerklasse machte, zeigte er ebenso große Fähigkeiten beim Zeichnen. Er war also in der Lage, ein Werk vom Zeichenentwurf bis zum Abschluss der
Bildhauerarbeiten zu gestalten. Doch mit dem Abschluss der Arbeiten am Holz war für Günther die Arbeit noch lange nicht abgeschlossen. Bereits anhand seiner Entwürfe lässt sich erkennen, in welcher Form die farbige Fassung die Aussagekraft der Figur unterstützen sollte. Günther arbeitete später eng mit sogenannten Fassmalern - Maler, die die farbige Fassung eines Kunstwerkes vornahmen - zusammen und verdeutlichte dabei genau, welche Effekte er bei jedem einzelnen Werk wünschte. Deshalb spricht die Fachwelt in diesem Zusammenhang auch von der ‘Günther-Fassung’

München
Nach München kehrte Franz Ignaz Günther im Jahre 1754 zurück. Nachdem sich Bayern langsam von den Folgen des Österreichischen Erbfolgekrieges erholte, konnte er es wagen, sich selbstständig zu machen. Dazu ließ er sich vom Zunftzwang befreien und gründete seine eigene Werkstatt. Ab dieser Zeit war er hauptsächlich für kirchliche Auftraggeber tätig, schmückte mit seinen lebensgroßen Figuren aber auch die Münchner Adelspalais aus.

Hochaltar in St. Joseph, Starnberg - © GvT
Ab 1757 machte er eine gute Partie, als der Maria Magdalena Hollmayr, Tochter eines Silberhändlers aus Huglfing heiratete. Unter den Fachleuten geht man davon aus, dass ihm seine Frau bei weiblichen Figuren Modell stand, dann deren Gesichter ähneln sich stark. 
Das Paar hatte insgesamt neun Kinder hervor. 1761 erwarb die Familie ein Anwesen am Oberen Anger in München, das nur wenige hundert Meter vom Palais des Maximilian Emanuel von Rechberg entfernt lag.
Franz Ignaz Günther war schon bald nach seiner Rückkehr ein gefragter Künstler. Dies liegt daran, dass seine Figuren einen lebendigen und ausdrucksstarken Eindruck beim Betrachter hinterlassen. Diese Bildwerke gelten deshalb zurecht als Höhepunkt der Rokoko-Bildhauerei. Die Nenninger Pietà ist das letzte Werk von Franz Ignatz Günther. Sie wird deshalb in der Fachwelt als Höhe- und Endpunkt der Rokoko-Bildhauerei angesehen. Sie ist damit ein Kunstwerk, das eine Epochengrenze darstellt.

Quellen und Literatur

- Gerhard P. Woeckel, Ignaz Günther - Die Handzeichnungen des kurfürstlich bayerischen Hofbildhauers, Weißenhorn 1975
- Roger Diederen u.a. (Hrsg.), Mit Leib und Seele - Münchner Rokoko von Asam bis Günther, München 2014
- https://de.wikipedia.org/wiki/Ignaz_G%C3%BCnther
- http://www.pieta-nenningen.de/

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