Dienstag, 27. Februar 2018

Geschichte(n) der Stadt Donzdorf

© Dr. Gabriele von Trauchburg



Teil 4: Älteste Hinweise auf das Christentum in Donzdorf - Die Stiftung einer  Kirche und das Patronatsrecht 


Der Beschützer der Kirche - der Patronatsherr

Je stärker die Christianisierung nach der Machtübernahme durch die Franken im 6. Jahrhundert voranschritt, desto größer wurde die Notwendigkeit einer Organisation in Form einer Pfarrei mit eigener Kirche. Doch wer sollte und konnte einen derartigen Vorgang organisieren?
Archäologische und schriftliche Quellen geben Einblick in diese Materie. Die Organisatoren gehörten der Führungsschicht an. So kam ein Adeliger und seine Familie für diese Aufgabe ebenso in Frage, wie ein Abt oder ein Bischof.

Stiftung einer Kirche

Beabsichtigte ein Adeliger eine Kirche zu stiften, so oblag ihm auch die Baupflicht. Er wählte einen angemessenen Baugrund aus seinem persönlichen Eigentum aus und stellte dieses Gelände zur Verfügung. Mit seinen eigenen finanziellen Mitteln sorgte er für einen angemessenen Kirchenbau - oftmals zuerst aus Holz, später aus Stein - und dessen weiteren Unterhalt. Vielfach ließ sich eine Gründerfamilie in der Folgezeit in ihrer eigenen Kirche begraben.
Weil derartige Stiftungen aus persönlichem Eigentum erfolgten, befanden sich in der Frühzeit der Christianisierung viele Kirchen im persönlichen Eigentum von Adeligen - es entstand das sogenannte Eigenkirchenwesen.  
Der Stifter und seine Familie besaßen aufgrund ihrer Stiftung das Recht, einen Geistlichen in sein Amt einzusetzen und ihn auch wieder davon zu entbinden. Deshalb war es Aufgabe des Kirchenstifters, dass er die Versorgung seines Geistlichen absicherte. Im Gegenzug war es Aufgabe des Geistlichen, den Stifter und seine Familie in sein regelmäßiges Gebet einzuschließen sowie die Seelsorge für die Menschen vor Ort zu übernehmen.
Damit eine Pfarrei lebensfähig war, schenkten Stifter Güter an ihre Kirche, aus deren Erträge der Pfarrer seinen Unterhalt bestreiten konnte. Die einfachen Menschen entrichteten dafür den sogenannten Zehnt.

Der Schutz von Kirchen, Pfarreien und Geistlichen bei den Alamannen

Die Kirche als Institution unterstand von Anfang an dem besonderen Schutz von König und Herzögen. Diese Beobachtung trifft auch im Stammesherzogtum der Alamannen zu. Hier galten die Regelungen des Stammesgesetzes, der Lex Alamannorum.
Dieses ging ursprünglich aus dem zu Beginn des 7. Jahrhunderts entstandenen Pactus Alamannorum hervor. In dieser älteren Gesetzessammlung gibt es noch keine Regelungen zu möglichen Verbrechen an Kircheneigentum oder an der Geistlichkeit. Diese erscheinen erst in der wohl um 720 schriftlich fixierten Lex Alamannorum. Die die Kirche betreffenden Bestimmungen stehen an prominenter Stelle - nämlich gleich zu Beginn des Stammesgesetzes. Sie umfassen rund ein Drittel aller Gesetze und beschäftigen sich mit dem Status der Kirche und ihrem Schutz. Da sämtliche Vorschriften durch den Konsens zwischen dem schwäbischen Herzog Lantfried und dem Adel in seinem Herzogtum entstanden sind, darf man davon ausgehen, dass diese Gesetze allgemein gültig waren. Dies würde bedeuten, dass zu Beginn des 8. Jahrhundert das Christentum bereits weit verbreitet war.  

Archäologische Spuren in der Donzdorfer Kirche St. Martinus

Die gerade zusammengestellten allgemein gültigen Erkenntnisse über die Entwicklung der Kirche und des Patronatsrechts sollen nun anhand von Donzdorf überprüft werden.
Die Lage der Donzdorfer Kirche St. Martinus ist beeindruckend. Der Kirchenbau liegt am Rande einer Geländezunge, die ursprünglich von zwei Seiten her vom Simonsbach umflossen wurde. Auf diese Weise besaß die Donzdorfer Kirche auch aus militärischer Sicht eine bedeutende Position im Lautertal. Gemeinsam mit der üblichen Kirchhofmauer, die in Teilen noch heute existiert, bestand hier eine sogenannte Wehrkirchenanlage, die den Bewohnern des Dorfes sowie ihrem Vieh Schutz bot.

Ausschnitt aus dem Donzdorfer Katasterplan, um 1850 - der hellblau markierte Simonsbach umfließt den Kirchberg von Südosten her, formt ein markantes Knie beim Pfarrhaus und fließt weiter Richtung Südwest bis zur Mündung in die Lauter. © GvT
 
Postkarte von St. Martinus, Donzdorf, um 1900 - links das Pfarrhaus, im Vordergrund die Brücke über den Simonsbach, im Hintergrund die Treppe hinauf zum Kirchberg, rechts und links der Treppe sind Teile der alten Wehrmaueranlage erkennbar. © GvT



Die erste Donzdorfer Kirche wurde aus Holz errichtet. Diese Erkenntnis gewann man beim Einbau einer neuen Fußbodenheizung im Jahre 1987. Damals wurde im Langhaus beim Südportal in die Tiefe gegraben. Dabei eröffneten sich die zahlreichen archäologischen Schichten der Kirche.

Die unterschiedlichen archäologischen Schichten unter dem Fußboden der Donzdorfer Kirche St. Martinus - © GvT

Am Fuß der einzelnen Schichten stieß man auf eine kohlschwarze Schicht aus der Zeit des 8. Jahrhunderts. Diese markiert einen sogenannten Brandhorizont und führte zu der Erkenntnis, dass hier ursprünglich eine Holzkirche gestanden hatte. Nachdem diese erste Kirche einem Feuer zum Opfer gefallen war, wurde der zweite Bau bereits aus Stein gefertigt.   

Die Donzdorfer Patronatsherren im Laufe der Zeit

Die Namen der ersten Donzdorfer Patronatsherren wird man wohl nie erfahren. Die ersten konkreten Hinweise auf die Inhaber des Patronatsrechts findet man erst im 14. Jahrhundert. Im Jahre 1379 kauften die Herren von Rechberg den Grafen von Helfenstein die Herrschaft Scharfenberg samt Donzdorf und Unterweckerstell ab. Abgesehen von einem kurzen, 10jährigen Intervall (1735-1745) behielten die Rechberg bis 1806 sowohl die Dorfherrschaft wie auch das Patronatsrecht in ihrer Hand.
Danach verblieb den Grafen von Rechberg nur noch das Patronatsrecht, das jedoch im Laufe der letzten 200 Jahre eine ganze Reihe von Veränderungen, die jetzt hier nicht erörtert werden, erfuhr.  
Gerade die Tatsache, dass sowohl das Dorf- wie auch das Patronatsrecht über Jahrhunderte hinweg immer in ein- und derselben Hand verblieben, lässt die Vermutung aufkommen, dass dieser Zustand auch schon 1379 in dieser Konstellation bestanden hatte. Das würde bedeuten, dass unmittelbar vor den Herren von Rechberg bereits die Grafen von Helfenstein sowohl Dorfherrschaft und Patronatsrecht über die Herrschaft Scharfenberg innegehabt hatten.
Die Helfensteiner Grafen ihrerseits waren Erben der Grafen von Dillingen, die auf einer Länge zwischen Aalen und Ulm den Albtrauf beherrschten und in Weißenstein und Hürbelsbach definitiv als Herrschaftsträger nachgewiesen sind.

Quellen und Literatur

- Claus-Dieter Schott, Lex Alamannorum. Text - Übersetzung - Kommentar zum Faksimile aus das Wandelgarius-Handschrift Codex Sangallensis 731, Augsburg 1993
- Pankraz Fried u. Wolf-Dieter Sick (Hrsg.), Die historische Landschaft zwischen Lech und Vogesen. Forschungen und Fragen zur gesamtalemannischen Geschichte, Augsburg 1988
- Immo Eberl, Wolfgang Hartung u. Joachim Jahn (Hrsg.), Früh- und hochmittelalterlicher Adel in Schwaben und Bayern, Sigmaringendorf 1988

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