Dienstag, 6. März 2018

Die barocke Wallfahrt auf dem Bernhardus 

Teil 6: Die Kirchweih und die Ausstattung der Wallfahrtskirche

© Gabriele von Trauchburg




Die Kirchweih am 21. Juni 1733 (dieses Jahr vor 285 Jahren) 
Am 21. Juni 1733 erfolgte die Weihe der neu errichteten Kirche. Zu Beginn der Bauarbeiten hatte der Stifter den Handwerkern den Arbeitsauftrag erteilt, diese Kirche auf das prächtigste auszuzieren. Anhand eines Berichts über die Weihefeierlichkeiten kann man bis heute sich Details über Aussehen der Kirche bildlich vorstellen.
 
Wenige Tage vor der Weihe war der Bischof von Uthina (= Titularbistum, zurückgehend auf eine Stadt südlich von Tunis) und Weihbischof von Konstanz, Johann Franz Anton Reichsfreiherr von Sirgenstein, nach Weißenstein gekommen. Graf Gaudenz hatte ihm einen 6spännigen Wagen entgegengeschickt, ließ sämtliche Glocken läuten und die sechs in Weißenstein vorhandenen Geschütze Salut donnern. Den ankommenden Bischof empfing der damalige Weißensteiner Pfarrer Steinmeyer mit einem kleinen lateinischen Gebet.
Der Weihbischof war im Hause Rechberg kein Unbekannter, hatte er doch schon die ganze Zeit das Projekt ‘Wallfahrt auf dem Bernhardus’ mit seinen Zustimmungen und Lizenzen begleitet.

Aus dem Augenzeugenbericht zur Weihe der neuen Wallfahrtskirche 
Am 21. Juni 1733 begab sich der Weihbischof zusammen mit sämtlichen anwesenden Klerikern, der Herrschaft - Graf Gaudenz und seine Ehefrau Gräfin Maria Adelheid - und ihren Gästen vom Weißensteiner Schloss zu der eineinhalb Stunden entfernten neuen Kirche. In der alten, noch vorhandenen Kapelle zogen die Geistlichen ihre zeremoniellen Gewänder an. Anschließend formierte sich die Prozession vor dem Hauptportal der neuen Kirche und trotzte dabei dem Regenwetter.
Das Hauptportal war - wie die alte Kapellentür - in grüner Farbe gestrichen. Im Bogen über der Tür war eine Inschrift in Gold, Silber und weiteren Farben angebracht. Unter der Schrift befand sich ein Bildnis des Heiligen Bernhard, umgeben von vielen Gebrechlichen und hilfesuchenden Menschen. Die grüne Kirchentür wurde begleitet von vier Säulen, über denen sich das Wappen der Stifter befand - das Rechberg- und Törring-Seefeld-Wappen. Eine weitere Inschrift fand man am Eingang zur Sakristei im Glockenturm.

Die gesamte Prozession betrat zügig unter Trompetenfanfaren die neue Kirche. Beim Einzug in die Kirche wurde das Kreuz vorangetragen, dann folgten zwei Akolythe mit brennenden Kerzen, dann zwei Choralisten und schließlich der gesamte Klerus und zum Schluss 6 auf spanische Art gekleidete Knaben mit Fackeln. 4 Priester trugen auf einem nach allen Regeln der Kunst verzierten ‘serculo’ das Gnadenbild des Bernhard  (= Translation des Gnadenbildes)

Überlegungen zum Augenzeugenbericht 
An dieser Stelle will ich die Schilderungen zur Weihe der Kirche kurz unterbrechen. Der Bericht des Augenzeugen ist von Bedeutung, weil hier die Überführung (Translation) der Bernhardsfigur aus der alten Kapelle in die neue Kirche beschrieben wird. Damit ist eine bis heute in der Kunstwissenschaft herrschende Frage - ob für die Kirche eine neue Bernhard-Figur geschaffen wurde - eindeutig geklärt. Die in der ehemaligen Wallfahrtskirche aufgestellte Figur war zuvor bereits in der alten Kapelle gestanden und war als Gnadenbild in die neue Wallfahrtskapelle überführt worden. Bis heute ist diese kleine wundertätige Figur erhalten geblieben und befindet sich jetzt in der Wallfahrtskirche auf dem Hohenrechberg.
Heiliger Bernhard, vor 1690 - © GvT

Noch mehr Einzelheiten aus dem Augenzeugenbericht zur Weihe 
Außer dem Stifterpaar Graf Gaudenz und seiner Frau Gräfin Adelheid waren zahlreiche Gäste gekommen: Gräfin Maria Anna Fugger von Kirchheim geb. von Stein, die Herren Cajetan und Aloys Fugger von Kirchheim, Baron Bero von Rechberg-Osterberg - der Neffe und designierte Erbe von Graf Gaudenz, die aus der Nachbarschaft stammende Gräfin von Adelmann zu Hohenstatt samt ihren Kindern und dann Baron Reichlin zu Maisenburg aus dem Großen Lautertal mit Tochter und Sohn. Die adeligen Herrschaften wurden von den Beamten und Bediensteten begleitet. Nach den Ehrengästen drängte sich eine große Menge andächtigen Volks in die Kirche.
Während der Weihefeierlichkeiten assistierten dem Bischof die Geistlichen aus der Umgebung, so der Weißensteiner Pfarrer, sein Frühmesser, die Pfarrer von Ickingen, Bettringen, Weiler (i.d.B.), Treffelhausen, Winzingen und schließlich der Benefiziat vom Bernhardus und der Kaplan des Bischofs. Der Hochaltar wurde geweiht, nachdem das Gnadenbild seinen neuen Standort gefunden hatte. Wieder erklangen die Geschütze, begleitet wurden sie von Trompeten.
Soweit der Bericht des Augenzeugen. 

Weitere Ausstattung der Kirche
Die Kirche war zu diesem Zeitpunkt ihrer Weihe noch nicht vollständig ausgestattet. Im Laufe der Zeit wurde die Innenausstattung der Bernharduskirche stetig ergänzt. Ein Inventar aus dem Jahre 1774 gibt hierzu einigen Aufschluss. So gab es eine große Monstranz sowie eine kleine silberne Monstranz mit einem Partikel des Heiligen Bernhard. Des weiteren war ein Ciborium (= Gefäß zur Aufbewahrung der konsekrierten Hostien) vorhanden. Dazu gab es mehrere Kelche - darunter einen, der ein Geschenk des Prälaten von Kaisheim (altes Kloster nördlich von Donauwörth) gewesen war; einen anderen hatte der Prälat des Klosters Schönthal geschenkt. Außerdem gab es noch zwei von der ‘Heiligenfabrik’ angeschaffte Kelche.
Mit dem Geschenk des Kaisheimer Prälaten, Roger Friesl, hatte es eine besondere Bewandnis. Nach seiner überstandenen Krankheit war Prälat Friesl am 17. April zu seiner versprochene Wallfahrt gekommen. An seinem Ziel gab er ein reichliches Opfer - wohl jenen im Inventar von 1774 erwähnten Kelch.   
Es gab außerdem noch 5 Kruzifixe im Kirchenschatz. Eines war schwarz und mit Silber beschlagen, ein zweites war aus Messing hergestellt, zwei bestanden aus Holz, und das letzte war teilweise vergoldet. Dazu kamen 30 versilberte Leuchter. Die Ausstattung wurde zudem durch mehreren Messbüchern ergänzt. Des weiteren gab es einen Prozessionshimmel, Weihkessel, eine Kirchweihfahne und kleine Ausstattungsgegenstände, wie beispielsweise Blumenvasen. Ebenfalls zur Ausstattung gehörten mehrere Messgewänder und Zubehör, Altartücher und Auflagen.

Pilger und ihre Votivgaben
Die Nachrichten von den Wundern auf dem Bernhardus am Ende der 1720er Jahre hatten sich in rasender Geschwindigkeit verbreitet. Seither strömten immer mehr Pilger zur Kapelle, insbesondere zu den seit Dezember 1728 genehmigten Messen. Dann begannen umliegende Pfarreien, Prozessionen auf den Bernhardus zu unternehmen. Die jährliche Zahl der benötigten kleinen Hostien lag bei einigen Tausend. Besonders im Jahre 1774 kamen nach der überstanden mehrjährigen Hungersnot haufenweise Pilger auf den Berg.
In dem eben in jenem Jahr 1774 angelegten Inventar zur Wallfahrtkirche sind zahlreiche silberne Votivgaben vermerkt: eine Votivtafel, die nicht weiter beschrieben ist, sodann 6 Herzen, 5 Füße, 1 Kopfstück, 1 ganze Person, 4 Augen, 1 St. Johanneszunge und noch einiges mehr. Ebenfalls bei den Votivgaben ist die mit Gold und Silber verzierte Statue des General Gaudenz erwähnt.

Die Bernhardus-Bruderschaft 
Bei der Bernhardus-Kirche hatte sich auch eine Bruderschaft etabliert. Sie warb mit Bruderschaftszeichen, Bruderschaftsbildern und Bruderschaftszetteln für sich. Sie zelebrierte ihre Gemeinschaft an 4 Festtagen im Jahr - St. Johannes, St. Jakob, St. Bartholomä und St. Matthäus. Oftmals sahen Bruderschaften einen ihrer Hauptzwecke darin, sich auch um die wirtschaftlichen Bedürfnisse ihrer Mitmenschen zu kümmern. Mit den Einnahmen aus der Bruderschaftskasse gewährten die Mitglieder Bedürftigen kleine Kredite zu einem festgelegten Prozentsatz. Auf diese Weise trugen Bruderschaften dazu bei, notwendige Investitionen zu ermöglichen oder kurze Durststrecken zu überbrücken. Als Kreditnehmer wurden sowohl Männer als auch Frauen berücksichtigt. 

Quellen und Literatur
GRFAD - einschlägige Archivalien zum Bau der Wallfahrtskirche auf dem Bernhardus, insbesondere der Bericht über die Weihe der neuen Wallfahrtkirche auf dem Bernhardus



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