Montag, 1. Januar 2018

Der italienische Barock in der Wallfahrtskirche Hohenrechberg - Teil 4: Die Verpflichtung des Stuckateurs und Bildhauers Prospero Brenno (1638-1698) für die Wallfahrtskirche Hohenrechberg


Die Wallfahrtskirche Hohenrechberg


Der italienische Barock in der Wallfahrtskirche Hohenrechberg


© Gabriele von Trauchburg


Teil 4: Die Verpflichtung des Stuckateurs und Bildhauers Prospero Brenno (1638-1698) für die Wallfahrtskirche Hohenrechberg



München - Die bayerische Residenzstadt als Vermittlerin für Kunst und Künstler

Als die Pläne für den Neubau der Wallfahrtskirche auf dem Hohenrechberg voranschritten, mussten zahlreiche Handwerker und Künstler ausgewählt und unter Vertrag genommen werden. Die überwiegende Anzahl der am Bau beteiligten Männer kam aus der Umgebung von Hohenrechberg (s. die 5 Beiträge  ‘Die Wallfahrtskirche Hohenrechberg - Gemeinsam für Gott’ in diesem Blog). Die Ausnahmen waren der Baumeister Valerian Brenner und der Stuckateur Prospero Brenno.
Die Verbindung zwischen Valerian Brenner und dem Auftraggeber, Bernhard Bero von Rechberg, rührt wohl daher, dass Brenner kurz zuvor für den Schwager von Bernhard Bero, Maximilian Fugger von Kirchdorf-Weißenhorn-Nordendorf, die zwischen Augsburg und Donauwörth gelegene Wallfahrtskirche Biberbach errichtet hatte.
Die Verbindung von Prospero Brenno nach Donzdorf war auf ganz anderer Ebene zustande gekommen. Prospero Brenno arbeitete in der ersten Hälfte der 1670er Jahre als Stuckateur bei der Ausgestaltung der von Kurfürst Ferdinand Maria von Bayern und seiner Frau Henriette Adelaide, einer geborenen Herzogin von Savoyen, gestifteten Theatinerkirche. Von dort warb ihn der kurbayerische Hof ab, damit Brenno im neu errichteten Flügel für die kurfürstliche Familie einige der neuen Räume ausstatten konnte.
Sowohl Bernhard Bero von Rechberg, zeitweilig der höchste Beamte am Münchner Hof, wie auch sein Sohn Franz Albert, der Oberstallmeister, gehörten zum engen Zirkel am Münchner Hof. Sie erlebten tagtäglich die Baufortschritte - zuerst an der Theatinerkirche und dann am Neubau der Residenz. Welcher der beiden Rechberg-Männer letztendlich die Entscheidung für die Verpflichtung von Prospero Brenno traf, ist nicht bekannt. Beide kannten die Arbeitsweise des Stuckateurs und Bernhard Bero als Obersthofmeister wusste auch Bescheid um dessen Kosten.
Prospero Brennos Vertrag wurde schließlich von Franz Albert von Rechberg unterzeichnet, weil sein Vater kurz nach der Grundsteinlegung im Juni 1686 verstorben war. Aus diesem Grund findet man auch mehrfach die Wappen von Franz Albert und seiner Frau Katharina, einer geborenen Gräfin von Spaur, in der Wallfahrtskirche.

Das Wappen des Bauherrn Franz Albert von Rechberg (links) und seiner Ehefrau Katharina, geb. von Spaur - © GvT

Katharina von Rechberg war eine der drei beliebtesten Hofdamen der bayerischen Kurfürstin Henriette Adelaide († 1676) gewesen und ist auf einem Gemälde in der Münchner Residenz dargestellt. Auch sie kannte die Baufortschritte in der Residenz und könnte meinungsbildend bei der Verpflichtung von Prospero Brenno mitgewirkt haben.  

Die Arbeitsverträge des Prospero Brenno bezüglich Hohenrechberg

Die Heiligenrechnungen der Wallfahrtskirche Hohenrechberg geben Aufschluss darüber, wann und wie die Entscheidungen zur Ausgestaltung des Innenraums der neuen Kirche erfolgten. Ein erster Aufenthalt geht in das Jahr 1687 zurück. Im Laufe jenen Jahres war Prospero Brenno nach Donzdorf gekommen. Während eines mehrtägigen Aufenthaltes fertigte er den Entwurf für die Ausgestaltung der Kapelle an. Dafür erhielt er eine einmalige Zahlung von 1 Gulden 27 Kreuzern.
Der Rechnungsposten über den Aufenthalt von Prospero Brenno in Donzdorf lässt einige Rückschlüsse zu. Die Heiligenrechnung datiert den Aufenthalt zwar nicht, er fand jedoch zu einem Zeitpunkt statt, als sich der Patronatsherr, Franz Albert von Rechberg, in seiner Residenz in Donzdorf aufhielt.
Das Hofleben in Europa folgte einem bestimmten Zyklus. Es dauerte meist vom Herbst bis ins Frühjahr. Ende März oder Anfang April reisten die Hofmitglieder auf ihre Ländereien, um die Getreideaussaat festzulegen und die Arbeiten über den Sommer hinweg zu überwachen. Im Herbst, nach dem Einbringen der Ernte, kehrten die Hofmitglieder in die Residenz zurück. Das Einbringen der Ernte war für jedes einzelne Mitglied von großer Bedeutung, weil das Ausmaß der Ernte über den finanziellen Spielraum für die kommenden 12 Monate entschied. Aus diesem Grund kann man bis in die Gegenwart in den europäischen Monarchien die Eröffnung des Parlaments in den Herbstmonaten verfolgen. 
Der Aufbruch hinaus auf die Ländereien erfolgte beim Münchner Hof meistens Ende März oder Anfang April, die Rückkehr geschah meist Mitte Oktober. Man darf also davon ausgehen, dass der Hohenrechberger Patronatsherr Franz Albert von Rechberg sich in diesem üblichen Zeitraum in Donzdorf aufhielt.
Das Treffen mit dem Stuckateur Prospero Brenno fand wohl Ende September oder Anfang Oktober 1687 statt. Die Arbeiten auf Baustellen endeten oft in diesem Zeitraum. Für einen Künstler war dann absehbar, wie weit sein Werk gediehen war und welche Aufträge er für das künftige Jahr annehmen konnte.

Vom Entwurf zur Ausführung
Bei dem Treffen von Franz Albert von Rechberg und Prospero Brenno entstand - laut Rechnungsposten - der Entwurf für die Innenausstattung der Wallfahrtskirche. Dieser umfasste wohl zunächst nur die Gestaltung von Decke und Wänden. Diese Vermutung ergibt sich aus der Tatsache, dass der Stuckateur von Mantriß (Mendrisio) aus der Schweiz, die Kapell auszugipsen per 350 fl und 6 Taller Leykauff verdingt worden war. Diese Arbeiten nahmen das gesamte Jahr 1688 in Anspruch. Prospero Brenno arbeitete wohl im gleichen Zeitraum wie die Maurer, nämlich vom 22. April bis 20. Oktober 1688. Am Ende dieses Zeitraums erhielt er die im Arbeitsvertrag festgelegte Gesamtsumme.

Eines der für die Wallfahrtskirche Hohenrechberg charakteristischen Kapitelle - © GvT
Bei Brennos Einstand auf der Baustelle 1688, gefeiert beim Wirt Nuding in Rechberg, wurde gleichzeitig auch noch der Vertrag über die Errichtung des Choraltars und der beiden Seitenaltäre abgeschlossen. Dieser regelte, dass der Stuckateur im darauffolgenden Jahr die gesamten Altäre und die Kanzel für die Wallfahrtskapelle anfertigen sollte. 
Nachdem notwendige Vorarbeiten erledigt waren, begann Prospero Brenno 1689 mit den Arbeiten für den Hochaltar und die beiden Seitenaltäre, anschließend gestaltete er das Oratorium, die vier Portale im Chor und zum Schluss die Kanzel. Für diese Arbeiten erhielt er insgesamt 430 Gulden.

Der rechte Seitenaltar in der Wallfahrtskirche Hohenrechberg - © GvT

Die Kanzel mit den 4 Evangelisten, das Innere des Oratoriums und die Verkleidung der vier Portale im Chor mit Stuck und das Trinkgeld für seine Gesellen wurden mit 98 Gulden vergütet.

Die Kanzel der Wallfahrtskirche Hohenrechberg, links im Hintergrund das Oratorium - © GvT

Außerdem hatte Brenno noch zusätzlich zu den auf seinem Entwurf eingezeichneten Stuckaturen noch 12 Engelsköpfe, die Umrahmung des Oratorium und die lebensgroße, aus Ton gearbeitete Frauenfigur auf der Außenseite gefertigt. Hierfür erhielt er noch einmal 36 Gulden.

Die nach Osten gewandte Muttergottes - © GvT

Insgesamt konnte Prospero Breno 915 Gulden in Hohenrechberg verdienen. Er ist damit der bestbezahlte Künstler und Handwerker des gesamten Bauvorhabens. 

Quellen und Literatur 

GRFAD - Heiligenrechnungen Hohenrechberg 1687-1689
Gabriele von Trauchburg, Die Wallfahrtskapelle Hohenrechberg - Gemeinsam für Gott (Teile 4 und 5), in diesem Blog

 


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