Freitag, 12. Mai 2017

Der Barockmaler Joseph Wannenmacher im Lautertal

© Gabriele von Trauchburg, Mai 2017


Am 18. September 1722 wurde der Maler und Freskant Joseph Wannenmacher in Tomerdingen bei Ulm, einer katholische Enklave der Reichsabtei Elchingen, geboren. Sein Vater Johann Georg arbeitete als örtlicher Hafner, seine Mutter war Barbara Wannenmacher, geborene Schmid. Der Junge muss begabt gewesen sein, denn nach seinen ersten Schuljahren in Tomerdingen, ging er auf die Elchinger Klosterschule, wo er unter anderem Unterricht in Latein erhielt - und dieses in seinem späteren Leben auch immer wieder nutzte.
Seine ersten Kenntnisse in Sachen Kunst vermittelte ihm möglicherweise der im nahegelegenen Günzburg arbeitende Anton Enderle (1700–1761). Der Elchinger Abt Amadeus Schindele förderte Wannenmachers weitere Ausbildung in Rom zwischen 1741 und 1744, weshalb der Künstler unter anderem als ‘Accademico Romano pittore’ signierte. 1741, mit 19 Jahren, malte Wannenmacher das erste von ihm bekannte signierte Gemälde, die Verzückung der heiligen Teresa. Falls er damals schon in Rom zur Ausbildung war, diente ihm möglicherweise die Figurengruppe von Gianlorenzo Bernini in der Kirche Sant Andrea al Quirinal als Vorbild . Die Fachwelt betrachtet dieses Gemälde als sein Gesellenstück.

Die Werke Wannenmachers

Im Laufe der Zeit entwickelte Wannenmacher einen ganz eigenen Stil. Seine mit bauschigen Gewändern bekleideten Gestalten bewegen grazil ihre Arme und Beine. Seine Bilder besitzen nicht die üblichen heiteren Farben der süddeutschen Rokokomaler, sondern Wannenmacher bevorzugt eine dunklere Farbgestaltung. Er malte bevorzugt mit aschigen Erdfarben in Seccotechnik.
Die große Wertschätzung seiner Zeitgenossen erkennt man an den zahlreichen Orten, an denen er arbeitete, und an seinem breitgefächerten Nachlass. Hier einige seiner Stationen:


  • 1741             Verzückung der Heiligen Theresa.
  • 1747-1748    Straß, Pfarrkirche - Deckengemälde - gilt als der erste Auftrag
  • 1749             Oberelchingen, Klosterkirche - Arbeiten in der Kirche unter Abt Schindele, Ausführung  in Seccotechnik mit aschigen Erdfarben - sein erster bekannter Auftrag
  • um 1750/60  Tomerdingen, Pfarrkirche - Deckengemälde in der Taufkapelle
  • 1752             Schwäbisch Gmünd, St. Franziskus - Fresken im Chor, im Langhaus und an der Orgelempore
  • 1753             Schwäbisch Gmünd, Kapelle St. Katharina - Wand- und Deckenfresken
  • 1754             Deggingen, Ave Maria - Szenen zu Mariae Verkündigung, weitergeführt in folgenden Jahren
  • 1755             Rottweil, Predigerkirche - Ausmalung
  • 1758-1760    St. Gallen - Deckengemälde in der Stiftskirche
  • 1764-1766    St. Gallen - Deckengemälde in der Bibliothek, al secco in Kalkkasein, es entsteht einer der grössten Deckengemäldezyklen jener Zeit  
  • 1765              Suppingen, St. Brigitta - einige Gemälde
  • 1767              Scharenstetten, ev. Pfarrkirche - Leinwandbilder
  • um 1767        Eislingen, St. Markus - Deckengemälde im Langhaus, im 19. Jahrhundert abgebrochen
  • 1773              Mönchsdeggingen,
  • 1776              Schwäbisch Gmünd, Kapelle St. Leonhard - Fresken zur Leonhardslegende
  • 1777              Schwäbisch Gmünd, Kapelle St. Leonhard - Hochaltar mit Altarbild zu St. Leonhard
  • 1778-1779    Donzdorf, St. Martinus - Krönung Mariens im Chor und Szenen aus dem Leben von St.  Martin
  • 1780             Grünbach, St. Peter - Altarblatt

Wannenmacher hat in zahlreichen weiteren Kirchen und Klöstern im südwestdeutschen Raum und der Schweiz gearbeitet. Sein Werk umfasst 14 größere Deckengemäldezyklen. Er schuf unter anderem das Kardinalszimmer im Kloster Marchtal und die Deckengemälde der Kirche in Zollikon. Im Kloster Elchingen, zu dem der Geburtsort Wannenmachers Tomerdingen gehörte, sind mehrere Objekte seines Schaffens erhalten geblieben, so drei Zunftkerzen, eine große Handwerkerfahne (1775) und Leinwandbilder und Fresken in der Sakristei. Von den rund 100 Tafelbildern, die Wannenmacher im Laufe seines Lebens geschaffen hatte, finden sich heute Exemplare im Ulmer Stadtmuseum und im Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart.

Wannenmachers Donzdorfer Deckenbilder

Joseph Wannenmacher (1722-1780) war für den Donzdorfer Patronatsherren Maximilian Emanuel von Rechberg (1735-1819) sicherlich kein unbekannter Künstler gewesen. Zum einen war Rechberg der Administrator der bayerischen Herrschaft Wiesensteig, in der die Degginger Wallfahrtskirche Ave Maria liegt, zum andern kannte man sich im Hause Rechberg sehr wohl in der Schwäbisch Gmünder Kunstszene aus.
Offenbar gleich im Anschluss an die Arbeiten in Schwäbisch Gmünd übernahm Wannenmacher den Auftrag für zwei Deckengemälde in der Donzdorfer Pfarrkirche St. Martinus. Maximilian Emanuel von Rechberg hatte sich zum Ziel gesetzt, die ursprünglich gotische Kirche in eine frühklassizistische umzuwandeln. An der Decke sollten zwei Gemälde entstehen - im Chor die Krönung Mariens und im Langhaus  signifikante Szenen aus dem Leben des Kirchenpatrons.
St. Martinus, Donzdorf - © GvT

Am 12. Oktober 1778 war Wannenmacher in Donzdorf, um das Tor beim Schloss zu vergolden.
Im gleichen Jahr schuf Wannenmacher auch noch das Deckengemälde ‘Krönung Mariens’ im Chor. 

Joseph Wannenmacher, Krönung Mariens - Deckengemälde im Chor von St. Martinus, Donzdorf - © GvT

Signatur des Josef Wannenmachers im Deckengemälde im Chor, datiert 1778 - © GvT

Damals wurde wahrscheinlich auch schon über die Gestaltung für die Deckengemälde gesprochen, denn im Frühjahr 1779 übersandte Wannenmacher seinen Entwurf an Maximilian Emanuel von Rechberg nach München. Doch Rechberg war mit dem Entwurf des Gemäldes für das Langhaus nicht einverstanden, weil darauf seiner Meinung nach zu viele Figuren zu dicht gedrängt vorgesehen waren. Wegen seines Unbehagens hatte Rechberg den Entwurf mehreren führenden Münchner Kunstexperten gezeigt, die alle seine Ansicht bestätigten. Deshalb beauftragte Maximilian Emanuel von Rechberg den kurfürstlichen Hofmaler Augustin Demel, einen zweiten Entwurf anzufertigen. Dieser gefiel nun Rechberg.
Daraufhin bat Rechberg seinen Donzdorfer Pfarrer, den Dekan Schroz, dem Maler Wannenmacher folgenden Vorschlag zu unterbreiten: Maximilian Emanuel war bereit, das zuvor ausgehandelte Honorar in Höhe von 400 Gulden vollständig zu übernehmen, selbst wenn der Maler durch den neuen Entwurf weniger Material und weniger Zeit für seine Arbeit benötigen sollte.
Die Reaktion von Joseph Wannenmacher ist nicht überliefert. Sicherlich hatte ihn die Tatsache, dass man es wagte, ihm - dem akademisch gebildeten Künstler - den Entwurf zu korrigieren, schwer gekränkt. Aber Wannenmacher war auf seinen Verdienst angewiesen, was nichts anderes bedeutete, als das Angebot des Auftraggebers anzunehmen. Wannenmacher fertigte also das Deckengemälde mit signifikanten Szenen aus dem Leben des Heiligen Martin nach dem Entwurf des Münchner Hofmalers Augustin Demel (1724-1789). Demel war ein in München anerkannter Künstler, der vor allem die hohen Ansprüchen des Bildhauers Franz Ignaz Günther erfüllte, wenn er dessen Skulpturen in Farbe fasste.
Joseph Wannenmacher nach dem Entwurf von Augustin Demel, Szenen aus dem Leben des Heiligen Martin von Tours, 1779 - © GvT
Signatur des Joseph Wannenmacher im Deckengemälde des Langhauses von St. Martinus, Donzdorf - © GvT

Dieses Wissen aus dem Umfeld zur Entstehung des Deckengemäldes im Langhaus erklärt nun den offensichtlichen Unterschied zwischen dem farbenfrohen in sich geschlossenen Deckengemälde im Chor und dem Deckengemälde im Langhaus, das spontan den Eindruck von etwas Unfertigen beim Betrachter erweckt. Zwar entspricht die Farbgestaltung durchaus dem frühen Wannenmacher mit seiner ‘aschigen’ und erdfarbenen Gestaltung, jedoch liegt der Schwerpunkt des Bildes nicht im Zentrum, sondern unmotiviert auf die linke Seite verschoben.

Die Bedeutung des Donzdorfer Deckengemäldes vom Heiligen Martin

Dennoch besitzt das Deckengemälde im Langhaus der Donzdorfer Pfarrkirche St. Martinus eine besondere Bedeutung: Ein schwäbische Altmeister der Barockmalerei führte hier den Entwurf eines bayerischen Kollegen aus, der für den Übergang vom Rokoko zum Klassizismus steht.

Neu entdeckt: Hinweis auf ein bislang unbekanntes Altargemälde Wannenmachers

Bei der systematischen Durchsicht der Heiligenrechnungen von St. Peter in Grünbach (Stadt Donzdorf, Lkr. Göppingen) konnte ich etwas bisher vollkommen unbekanntes entdecken: In der Heiligenrechnung von 1780 ist unter den Baukosten zur Kapelle St. Peter  vermerkt, dass Joseph Wannenmacher ein Altarblatt für die zur Donzdorfer Pfarrei gehörende Grünbacher Kapelle geschaffen hatte.
Kapelle St. Peter in Donzdorf-Grünbach - © GvT


Und unter den Beilagen zur Heiligenrechnung befindet sich auch noch die vom Künstler eigenhändig geschriebene Quittung. Darin bestätigt Wannenmacher ein ‘Altarblättlein’ für die Kapelle St. Peter in Grünbach angefertigt zu haben und vom Heiligenpfleger Georg Mühleisen dafür 12 Gulden und 12 Kreuzer erhalten zu haben. Datiert ist die Quittung auf den 17. September 1779. Unterzeichnet ist sie mit Joseph Wannenmacher - Accad. Rom. und Kunstmahler mpria (= manus propria - eigenhändig).

Unterschrift des Barockmalers Joseph Wannenmacher - © GvT

Weder aus dem Text der Quittung noch aus dem Vermerk in der Heiligenrechnung geht hervor, welches Thema Wannenmacher für das Grünbacher Altarblatt gewählt hatte. Vermutlich war darauf der Kirchenpatron, der Heilige Petrus, dargestellt. Unbekannt ist auch, wann und wo dieses Altarblatt aus der Kirche gebracht wurde und ob es eventuell doch noch erhalten ist.

Am 6. Dezember 1780 verstarb Joseph Wannenmacher im Alter von 58 Jahren in seinem Heimatort Tomerdingen.

Quellen und Literatur

- Heiligenrechnungen von St. Martinus, Donzdorf und Heiligenrechnungen St. Peter, Grünbach
- Reistle, Michel und Joseph (Ill.) Wannenmacher, Joseph Wannenmacher - ein schwäbischer Kirchenmaler des 18. Jahrhunderts und sein Verhältnis zum Bildhauer Wenzinger, St. Ottilien 1990
- Hummel, Heribert, Wandmalereien im Kreis Göppingen, Weißenhorn 1978, S. 90
- http://www.sueddeutscher-barock.ch/In-Meister/s-z/Wannenmacher.html
- https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Wannenmacher
- https://www.deutsche-biographie.de/sfz128321.html




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Geschichte(n) von Gingen/Fils - Teil 1.3: Die erste bekannte Gingener Dorfherrschaft: Königin Kunigunde

© Gabriele von Trauchburg Als zweite Frau möchte ich Ihnen die deutsche Königin Kunigunde vorstellen. Sie ist diejenige Königin, die ih...