Dienstag, 27. März 2018

Die barocke Wallfahrt auf dem Bernhardus 

Teil 9: Das Ende der Wallfahrtskirche auf dem Bernhardus, Zusammenfassung 

© Gabriele von Trauchburg

Was fängt man mit einer geschlossenen Kirche an?
Mit der Überführung der Bernhardus-Figur auf den Hohenrechberg begann die Zerstörung der Bernharduskirche. Am 18. Oktober 1806 wurden die ersten Kirchengeräte nach Donzdorf gebracht. Eine heute noch vorhandene Aufstellung besagt, dass eine Monstranz, ein Ziborium mit Deckel und Krone, 3 Kelche mit 3 Patenen und 2 Löffeln, zwei hölzerne schwarze, mächtig versilberte Kruzifixe schließlich noch ‘Kirchenwäsche’ (= Altartücher) nach Donzdorf gebracht worden waren. Einen Tag später erhielt die Kirche von Hohenrechberg ebenfalls in einer Liste zusammengefasste Gegenstände, unter anderem 3 Messbücher, 1 Evangelienbuch, Rosenkränze und große, schwere Kerzen.
Dem Treffelhauser Mesner und Orgelmacher Johann Schweizer war die Aufgabe übertragen worden, den Wert der Orgel auf dem Bernhardus festzulegen. Da das Basso-Octav-Register nicht mehr richtig funktionierte, wurde die Orgel auf den geringen Wert von 22 Gulden veranschlagt. Aufgrund einer herrschaftlichen Weisung wurde die Orgel der Kirche in Ottenbach zugesprochen, wo Maximilian Emanuel von Rechberg ebenfalls Patronatsherr war.

In der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Lauterstein-Weißenstein befinden sich heute zwei große weiße, teilvergoldete Statuten auf dem Hochaltar - der Heilige Maximilian Emanuel und die Heilige Walburga, die Namenspatrone des Herrscherpaares. Die beiden Figuren befanden sich ursprünglich auf dem linken Seitenaltar in der Bernhardus-Kirche und wurden aus der Wallfahrtskirche in die Stadtpfarrkirche gebracht und dort in den Hochaltar eingefügt. Drei kleinere Figuren in der Stadtpfarrkirche - darunter ein Sebastian und ein Antonius von Padua - könnten aufgrund ihres Stils ebenfalls aus der Wallfahrtskirche stammen. 

Der Heilige Maximilian Emanuel, um 1764 - ursprünglich aus der Wallfahrtskirche auf dem Bernhardus - © GvT


Die Heilige Walburga, um 1764 - ursprünglich aus der Wallfahrtskirche auf dem Bernhardus - © GvT



Vorbereitungen zur Versteigerung der Wallfahrtskirche im Oktober 1808 
Zunächst war das weitere Schicksal des Kirchengebäudes unklar gewesen. Erst zwei Jahre nach der Schließung entschloss man sich, die Kirche samt Benefiziatenhaus zum Abriss freizugeben, nachdem sämtliche für den Patronatsherren interessanten Objekte aus der Kirche geholt und auf seine anderen Patronatskirchen verteilt worden waren. 

Für die eigentliche Versteigerung Ende Oktober 1808 wurde eine Aufstellung erarbeitet, in der mögliche Werte nach Interessengruppen untergliedert wurden. So kamen spezielle Lose für Schreiner, Zimmerleute und Maurer zustande. Der Materialwert der Kirche wurde mit 1599 Gulden veranschlagt, der des Benefiziatenhauses mit 680 Gulden. Die Bretter des Kirchenbodens, die Kanzel, der Choraltar, die Nebenaltäre, Bet- und Beichtstühle, die Wandkästen in der Sakristei, zwei innere Kirchentüren und vieles mehr sollten an den Mann gebracht werden. Man hoffte, dass Zimmerleute die Balken, Bretter und Nägel vom Kirchendachboden gebrauchen könnten, und es fanden sich sicherlich Maurer, die für die über 18.400 Dachplatten Verwendung hatten. 


Die Versteigerung
Zur Versteigerung der Wallfahrtskapelle im 25. Oktober 1808 wurden eigene Regeln geschaffen. Unter anderem hieß es in den Anweisung, dass jedem Bieter verdeutlicht werden sollte, dass die betroffenen Gebäude auf dem Bernhardus nicht stehen bleiben, sondern zum Abbrechen und Abräumen versteigert werden sollen. Die Käufer wurden verpflichtet, ihre ersteigerten Werte innerhalb von 8 Tagen abzubauen und wegzubringen. Die Kosten für Abbau und Abtransport wurden ihnen auferlegt. Um eine möglichst große Anzahl an Interessenten auf den Bernhardus zu locken, wurden öffentliche Bekanntmachungen herausgegeben und Ausschreibung an die umliegenden Pfarreien verschickt.

Das Ergebnis der Versteigerung vom 25. Oktober 1808 war folgendes:
  • der mit 125 fl angesetzte Choraltar fand keinen Käufer, 
  • die beiden Nebenaltäre für 125 fl gingen an die Pfarrkirche nach Treffelhausen,
  • die mit 40 fl taxierte Kanzel wurde für 25 fl nach Salach verkauft, 
  • ebenso gingen 20 Betstühle für 21 fl nach Salach (der Salacher Pfarrer erwies sich als hart im Verhandeln und konnte sich überwiegend durchsetzen); 
  • 5 Beichtstühle wurden für 3 fl nach Weiler (i.d.B.) verkauft, 
  • 4 einfache Beichtstühle ergatterte der Obermüller Joseph Hämmerle von Weißenstein, 
  • 2 Stühle aus dem Chor ersteigerte Wolfgang Nägele aus Treffelhausen, 
  • 2 Betstülchen sicherte sich der Salacher Pfarrer Ruf, 
  • 1 Stülchen kaufte Joseph Schmied von Weißenstein und 
  • 2 Wandkästen aus der Sakristei konnte Gabriel Nägele von Weißenstein gebrauchen.
  • Die beiden Glocken mit 701 Pfund Gewicht wurden zunächst in der Hauptversteigerung ausgesetzt, weil sich kein Käufer gefunden hatte. Dann hatte der Nördlinger Jude Nattan sein Interesse bekundet, die Glocken gewogen und pro Pfund 26 Kreuzer geboten. Damit erhielt er den Zuschlag und bezahlte noch im November 1808 die Summe von 303 Gulden und 36 Kreuzern.
Den Abriss von Kirche und Benefiziatenhaus wollte ein Konsortium von 8 Männern übernehmen, die insgesamt 800 fl auf zwei Jahre verteilt dafür zu zahlen bereit waren. Wie weit sie in ihrer Arbeit bereits fortgeschritten waren, lässt sich am letzten Verkauf vom 20. Februar 1809 erkennen. Gabriel Nägele aus Weißenstein erwarb zu diesem Zeitpunkt den 9 Meter hohen, ehemals mit 125 fl angesetzten Choraltar für 15 Gulden. Er musste sich mit dem Ausbau desselben beeilen, weil die Kirche damals schon weitgehend abgebrochen war.

Zieht man Bilanz eine Bilanz von der Versteigerung, so muss man feststellen, dass die versteigerten Gegenstände großenteils weit unter Wert verkauft werden mussten. Die Erklärung hierfür liegt auf der Hand. Die Versteigerung fand in der Zeit nach der Säkularisierung des kirchlichen Gutes und der Mediatisierung der kleinen Adelherrschaften statt. Zum einen herrschte ein großes Überangebot an derartigen Angeboten auf dem Markt und die Napoleonischen Kriege taten das Ihre zum Verfall der Preise. Zum andern bevorzugte man in der Zwischenzeit einen modernen Stil - den Klassizismus. Damit galten die angebotenen Stücke als veraltet und minderwertig.

Welche Erkenntnisse ergeben sich nun zur barocken Wallfahrt auf den Bernhardus?
1. Die barocke Bernharduswallfahrt kam dem Bedürfnis der Menschen im 18. Jahrhundert besonders bei medizinischen Problemen entgegen. Sie pilgerten auf den Bernhardus, um dort für allgemeinen Beistand und insbesondere bei ihren Gebrechen zu bitten und zu erhalten.
2. Mit dem Bau der Wallfahrtskirche wurde der stetig steigenden Anzahl der Pilger ein Raum gegeben, der ihren Bedürfnissen Rechnung trug. 
3. Die Kirche wurde im damals höchst modernen Stil des Barocks errichtet. Ihr Architekt, ihr Baumeister und die beteiltigten Kunsthandwerker gehörten zur Elite ihrer Zunft in jener Zeit.
4. Aus heutiger, kunsthistorischer Sicht ist der Verlust der Kirche ein Jammer. Die Wallfahrtskirche reihte sich in eine bedeutende Gruppe von barocken Kirchenbauten mit der Degginger Wallfahrtskirche Ave Maria und der Weißensteiner Stadtkirche ein. Gemeinsam begründeten sie eine kunsthistorische Einheit, die nicht von der Region, sondern von Bayern geprägt ist.
5. Das Ende der barocken Wallfahrt war nicht - wie man in den meisten bisherigen Darstellungen lesen kann - durch die Philosophie der Aufklärung hervorgerufen worden, sondern durch den drohenden Bankrott der Rechbergischen Herrschaften in den Napoleonischen Kriegen und der Not des unterversorgten Pfarrers in der Hohenrechberger Pfarrei.
Die bisherigen Deutungen beruhen auf falschen Annahmen. Dem bedeutenden Pfarrer Joseph Rink wird in diesem Zusammenhang Unrecht getan, ebenso dem scheinbar willenlosen Maximilian Emanuel von Rechberg. Stattdessen waren beide Männer hochgebildet. Maximilian Emanuel war Jurist, der das Kirchenrecht sehr gut kannte. Außerdem waren beide Männer Verfechter der katholischen Aufklärung und nicht - wie immer wieder unterstellt wird - der radikalen Aufklärung eines D’Alembert oder eines Holbach. Rechberg und Rink mussten Probleme lösen, die denen der heutigen katholischen Kirche in Deutschland in fataler Weise ähneln.
6. Heute finden sich nur noch wenig Überreste der barocken Wallfahrtskirche. Allen voran steht die alte Bernhardus-Figur bis heute auf dem rechten Seitenaltar in der Kirche auf dem Hohenrechberg. Dort findet sie jedoch nicht dieselbe Beachtung wie die ‘Schöne Maria’ im Hauptaltar. Bei der Beschreibung der Wallfahrt zum Hohenrechberg im Heimatbuch von 2004 wurde diejenige zum Bernhardus völlig ignoriert, nicht einmal ein Bild von der Figur wurde abgedruckt - das hat er definitiv nicht verdient. 
Die beiden lebensgroßen Statuen im Weißensteiner Hauptaltar wurden oben bereits näher betrachtet.
Die nach Salach verkauften Stücke sind wohl spätestens mit dem Neubau der katholischen Kirche zu Beginn des 20. Jahrhunderts vernichtet worden. Die Treffelhauser Nebenaltäre wurde spätestens beim Dorfbrand im 19. Jahrhundert ein Raub der Flammen.
Der wohl markanteste Überrest der barocken Wallfahrt befindet sich heute auf zahlreichen Hinweisschildern - das Logo der Glaubenswege ist dem Aufriss der Wallfahrtskirche auf dem Bernhardus nachempfunden. Auf diese Weise ist die Existenz der barocken Wallfahrt präsenter denn je, obwohl kaum jemandem die Grundlage dieses Logos bewusst ist..

Logo, Ausschnitt aus dem Titelblatt des Wanderführers 'Glaubenswege'


Quellen und Literatur
GRFAD - einschlägige Archivalien zur Bernhardus-Wallfahrt
Gabriele von Trauchburg, Lauterstein - Kirchenführer, Lauterstein 2015
Glaubenswege. Wege für den Geist, die Seele; zum Wandern und Genießen - Wanderführer, Schwäbisch Gmünd 2016 (www.glaubenswege.de)

Donnerstag, 22. März 2018


Die barocke Wallfahrt auf dem Bernhardus 

Teil 8: Die Bernhardus-Wallfahrt als Retterin einer Pfarrei

© Gabriele von Trauchburg



Um das letzte Kapitel der barocken Wallfahrt auf den Bernhardus zu verstehen, müssen wir jetzt einen Sprung auf den rund 10 Kilometer Luftlinie entfernten Hohenrechberg machen.

Am 6. April 1798 berichtete der Hohenrechbergische Obervogt Schabel voller Empörung von  einem eigenmächtigen Handeln des dortigen Pfarrers Grupp, der eine Sammlung für die Verschönerung der Altäre in der Kirche auf dem Hohenrechberg veranstaltet hatte. Der Obervogt kritisierte diese Aktion vor allem deshalb, weil die Untertanen von Hohenrechberg durch die lange angedauerte Kriegserleidnisse (= französische Revolutionskriege) und andere Unfälle tiefest (finanziell) erschöpft und von schweren Schulden (durch die Betragsforderungen der Kriegsparteien) gedruckt sind ... und kümmerlich ihren nothdürftigen LebensUnterhalt gewinnen können.


Die Maßnahme des Pfarrers hatte jedoch einen ernsten Hintergrund, der in die Gründungszeit der Pfarrei zurückreicht. Mitte der 1760er Jahre hatten sich die Bewohner von Rechberg mit der Bitte, in einer eigenen Pfarrei zusammengefasst zu werden, an das Bistum Konstanz gewandt. Bis zu diesem Zeitpunkt gehörten sie nach wie vor zur Pfarrei Waldstetten. Der Waldstetter Patronatsherr, die Fürstpropstei Ellwangen, lehnte die Forderungen der Rechberger rundweg ab.
Dennoch leitete das Bistum Konstanz ein Prüfungsverfahren ein, in dem die Argumente beider Seiten zu Papier gebracht wurden. Vor allem beklagten die Bewohner Rechbergs, dass sie den beschwerlichen, sehr steilen Weg nach Waldstetten im Winter kaum bewältigen konnten - Taufen für Rechberger Säuglinge konnten nur im Sommer vollzogen werden.
Im ersten Entscheid vom 16. Juni 1767 sprach sich Konstanz für die Gründung einer eigenen Pfarrei aus. Ellwangen lehnte jedoch weiterhin ab und brachte den Fall vor das Erzbistum Mainz. Am 12. Oktober 1771 schließlich fällte Erzbischof Emmerich Joseph von Breidbach zu Bürresheim (1707-1774) seine Entscheidung zugunsten der Gläubigen von Rechberg.
Die anschließenden Verhandlungen um die Versorgung der künftigen Pfarrer auf dem Hohenrechberg konnten im November 1772 zwischen dem Bistum Konstanz und Maximilian Emanuel von Rechberg abgeschlossen werden. Der Gründungsvertrag der neuen Pfarrei auf dem Hohenrechberg wurde am 7. April 1773 vom Konstanzer Bischof ratifiziert. Der Stiftungsvertrag enthielt eine Klausel, die in jedem Fall die Sicherung des Einkommens für den Pfarrer gewährleistete. Für den schlimmsten Fall verpflichtete sich das Haus Rechberg als Patronatsherr, Einkommenseinbußen des Stelleninhabers auszugleichen.
Die Notwendigkeit, aber auch die Problematik dieser Klausel trat bereits kaum drei Jahrzehnte später in der Napoleonischen Zeit offen zutage. Wie die Bevölkerung in seinen Herrschaften besaß Maximilian Emanuel von Rechberg in dieser von ständigem Krieg und von zahllosen Truppendurchmärschen geprägten Zeit keine Einnahmen mehr aus seiner gleichnamigen Herrschaft - diese Gelder wurden wechselweise von den Kriegsparteien Frankreich und Österreich eingezogen und für ihre Kriegsführung verwendet.
Nur sein Einkommen als bayerischer Hofbeamter schützte Maximilian Emanuel von Rechberg vor dem Bankrott. Aus diesem Grunde hatte Rechberg wohl seinen Pfarrer angehalten, die Wallfahrt zu fördern. Doch scheinen die eingeleiteten Maßnahme nicht die gewünschte Wirkung hervorgebracht zu haben.

Neue Ideen brauchte die Pfarrorganisation
Die allgemeine politische Entwicklung mit ihren besonderen Auswirkungen auf die Pfarrei Rechberg zwang den Herrschaftsinhaber, über eine neue Möglichkeit der Finanzierung der von ihm gestifteten Pfarrei nachzudenken. Der findige Jurist Maximilian Emanuel von Rechberg sah die einzige Möglichkeit, der Pfarrei zusätzlich Geldmittel zu beschaffen, in der Suche nach unabhängig von den Einnahmen seiner Herrschaften bestehenden Einnahmen.
Daher stellte Maximilian Emanuel von Rechberg seit dem Jahre 1802 Überlegungen zur Übertragung des Gründungskapitals für das Benefiziums der Wallfahrt zum Heiligen Bernhard nach Hohenrechberg an. Mit diesem Benefizium war keine Pfarrei verbunden; die Seelsorge bezog sich allein auf die Pilger, die - wenn man sie zum Hohenrechberg umleitete - dort ebenfalls betreut wurden und dadurch gleichzeitig auch noch die Pfarrei Hohenrechberg unterstützen konnten.
Aus diesen Überlegungen heraus wandte sich Maximilian Emanuel von Rechberg im Mai 1806 an den Konstanzer Bischof. In seinem Schreiben bat er diesen, die arme Pfarrei Hohenrechberg dadurch unter die Arme zu greifen, dass er den Stiftungsfond der Bernhardus-Wallfahrt auf den Hohenrechberg übertragen würde. Seinen Schritt begründete Maximilian Emanuel geschickt damit, dass angeblich immer wieder der Vorwurf laut geworden war, dass der Andachtsort auf dem Spitzkopf zu weit von der Zivilisation entfernt sei und sich deshalb dort so manche Unsichtlichkeit zutrage. Ähnliche Vorwürfe finden sich ab den 1780er Jahren bei anderen entlegenen Wallfahrtsorten zuhauf, als man unter dem Einfluß der Aufklärungsphilosophie diese Einwände nutzte und innerhalb der katholischen Kirche gegen die teils ausufernden Formen der Volksreligiosität vorging, zahlreiche Wallfahrten einstellte und kleine Kapellen abriss.
Auf den ersten Blick mutet hier eine ähnliche Entwicklung auch für die Wallfahrt zum Heiligen Bernhard auf dem Bernhardus-Berg an. Die Verlegung geschah jedoch ausschließlich aufgrund wirtschaftlicher Voraussetzungen - doch wie heute auch: man muss die richtige Begründung liefern, um das zu erhalten, was man bekommen möchte.  

Proteste gegen die Aufhebung der Wallfahrt auf dem Bernhardus
Die Anstrengungen zur Verlegung der Wallfahrt blieben in der Region rund um den Bernhardus nicht unbemerkt. Mehrere Briefe an die Herrschaft enthielten scharfen Protest gegen das geplante Vorhaben. Doch sie konnten die Entwicklung letztendlich nicht aufhalten.

Die Verlegung der Wallfahrt vom Bernhardus nach Hohenrechberg 
Maximilian Emanuel von Rechberg erhielt die erforderliche Genehmigung zur Verlegung der Wallfahrt und konnte im Oktober 1806 die geplanten Veränderungen zugunsten der Pfarrei Hohenrechberg vollziehen lassen. Dem Hohenrechberger Pfarrer wurde damals aufgetragen, möglichst bei diesem Vorgang auf dem Bernhardus anwesend sein und sich eventuell einfindenden Menschen den Zweck dieser Übertragung erklären. In der Hohenrechberger Pfarrkirche sollte dann mit dem Einverständnis des Pfarrers die Statue des Heiligen auf einem Seitenaltar aufgestellt werden, und dieser dann künftig als St. Bernhardsaltar bezeichnet werden.

Gedenktafel von 1906. Sie erinnert an die Translation der Bernhardus-Wallfahrt vom Bernhardus nach Hohenrechberg - auf dem Bild zu sehen: die nach alten Plänen stilisierte barocke Wallfahrtskirche - © GvT

Der gesamte Vorgang wurde von einem bischöflichen Beauftragten überwacht. Anfang Oktober  (direkt nach dem 6. Oktober) nahm dieser die kleine wundertätige Statue des Heiligen Bernhard an sich und brachte sie anschließend in die Pfarrkirche nach Hohenrechberg. Dann kehrte er wieder auf den Bernhardus zurück und verschloss zusammen mit einem rechbergischen Beamten die Wallfahrtskapelle. Der bis dahin bei der Wallfahrt tätige Benifiziat sollte nach dem Willen des Maximilian Emanuel von Rechberg eine Pension und eine Wohnung in Weißenstein erhalten.



Das hier geschilderte Vorgehen zeigt, dass Rechberg zu demselben Mittel griff, die auch das Deutsche Reich in den Jahren 1802 und 1803 angewandte: Man hatte damals die Besitzungen der Kirche zugunsten des Staates eingezogen und die kirchlichen Würdenträger mit Pensionen abgefunden. Dieses Verfahren hatte nun auch Maximilian Emanuel von Rechberg angewandt - der große Unterschied dabei ist allerdings folgender: Während die Machthaber innerhalb des Deutschen Reiches das Kirchenvermögen und die Herrschaft über die kirchlichen Güter für sich selbst in Anspruch nahmen, übergab Maximilian Emanuel von Rechberg das Vermögen der Bernhardus-Wallfahrt wieder an die Kirche - hier: an die Pfarrei Hohenrechberg, um endgültig die in den 1790er Jahren aufgetretene Lücke in der Finanzierung dieser Pfarrei zu schließen.

Quellen und Literatur
GRFAD - einschlägige Quellen zur Wallfahrt auf dem Bernhardus
Gabriele von Trauchburg - Lauterstein. Der Kirchenführer, Lauterstein 2015
Gabriele von Trauchburg - Pfarr- und Wallfahrtskirche zur Schönen Maria auf dem Hohenrechberg, Kirchenführer, Rechberg 2016  

Dienstag, 13. März 2018

Die barocke Wallfahrt auf dem Bernhardus 

Teil 7: Das Benefiziaten-, das Mesner- und das Wirtshaus auf dem Bernhardus

© Gabriele von Trauchburg




Das Benefiziatenhaus von 1734 und seine Bewohner
Damit die Betreuung der Wallfahrer auf dem Bernhardus gesichtert war, wurde 1734 mit dem Bau des Benefiziatenhauses begonnen. Wiederum kamen die Materialien und die verarbeitenden Handwerker aus der Umgebung.
Der erste auf den Bernhardus verordnete Benefiziat (= ein durch eine Pfründe versorgter katholischer Kleriker) war noch nicht mit einer eigenen Ausstattung versehen. Dies bedeutet, dass er zunächst auf die Gaben der Pilger angewiesen war.
Offensichtlich entwickelte sich diese Konstellation mit der Zeit auf negative Weise, so dass sich Franz Xaver Leo von Rechberg-Weißenstein, der Neffe von Graf Gaudenz, dahingehend verpflichtet sah, diese Umstände zu verändern. Er stiftete daher eine eigene Versorgung für den Benefiziaten. Zuerst bestimmte Franz Xaver Leo, dass das Benefiziatenhaus nicht mehr im Eigentum des Hauses Rechberg, sondern dem der Wallfahrtskirche übergeben wurde. Der oder die Benefiziaten erhielten vierteljährlich 50 Gulden aus der herrschaftlichen Kasse von Weißenstein. Zusätzlich erhielten sie Getreide und Holz. Das Geld der Benefiziaten wurde aus Zinsen, die die Herrschaft Weißenstein an unterschiedlichen Stellen festverzinslich angelegt hatte, erwirtschaftet.
Zudem standen dem Benefiziaten die Gelder aus den zu lesenden Messen zu. Diese sollten von Georgi bis Michaelis um 8 und von Michaelis bis Georgi um 9 Uhr gelesen werden, damit die Wallfahrer die Chance zur Teilnahme an der Messe hatten. Zusätzlich waren für die Familie Rechberg wöchentlich 4 Messen zu lesen. Hinzu kamen drei Hauptfeste - St. Bernhardstag, pro Titulari und pro Dedicationis (= für Stifter).

Die Namen der Benefiziaten auf dem Bernhardus sind bekannt. Viele begannen hier ihre Karriere als Geistliche in den Rechbergischen Herrschaften. Ihre Hauptaufgabe, die Betreuung der Pilger, nahm sie stark in Anspruch. Vor allem in den Sommermonaten kamen viele Pilger auf den Berg. Es kam jedoch auch vor, dass die Benefiziaten zur Betreuung der herrschaftlichen Kinder herangezogen wurden. So ist überliefert, dass der Benefiziat Ignazius Schwarz im Spätherbst 1781 mit den Söhnen des Maximilian Emanuel von Rechberg ins französische Metz reisten und sie dort in einem Internat abgaben - und Jahre später wieder abholten. 

Das Mesnerhaus
Im Jahre 1793 wurde das Mesnerhaus auf dem Bernhardus errichtet. Die Pläne zeigen ein zweckmäßiges Haus mit Küche, Stube und Kammern für das Mesnerehepaar samt einem kleinen Stall. Die Mesner bereiteten den Gottesdienst vor und halfen stellenweise in der Liturgie. 
                   
Das Wirtshaus
Zur Versorgung der Wallfahrer entstand bereits 1729 ein Wirtshaus. Es gibt nur wenige Nachrichten darüber. Der Ellwanger Chorherr, Franz Joseph Baron von Reichlin-Meldegg, bat Gaudenz von Rechberg, seiner in Weißenstein lebende Nichte solange die Lizenz für eine Schenke auf dem Bernhardus zu erteilen, bis der Ruppertstetter Bauer ein eigenes Wirthaus bauen würde. Diese Schenke wollte die Nichte des Genannten gemeinsam mit ihrem Mann aus Holz zimmern. Tatsächlich entstand ein geplantes Wirtshaus, doch von Anfang an in Ruppertstetten. Davon existieren keine Pläne. Aus einem erhalten gebliebenen kleines Heft geht hervor, dass dort regelmäßig Wein eingelagert wurde.
Das Wirtshaus wurde im Jahre 1774 aufgegeben und schließlich 1785 verkauft. Zuvor hatte Max Emanuel von Rechberg, den man heute vor allem als Stifter der Nenninger Pietà kennt (Label: Pietà), den Wirt und seine Familie während der Hungersnot von 1770-1773 zu sich nach Donzdorf geholt und ihn dort als Tagelöhner im Donzdorfer Schlossgarten beschäftigt, weil er und seine Familie ansonsten Hungers gestorben wären.

Quellen und Literatur 
GRFAD - einschlägige Archivalien zum Bau der Wallfahrtskapelle auf dem Bernhardus




               

Dienstag, 6. März 2018

Die barocke Wallfahrt auf dem Bernhardus 

Teil 6: Die Kirchweih und die Ausstattung der Wallfahrtskirche

© Gabriele von Trauchburg




Die Kirchweih am 21. Juni 1733 (dieses Jahr vor 285 Jahren) 
Am 21. Juni 1733 erfolgte die Weihe der neu errichteten Kirche. Zu Beginn der Bauarbeiten hatte der Stifter den Handwerkern den Arbeitsauftrag erteilt, diese Kirche auf das prächtigste auszuzieren. Anhand eines Berichts über die Weihefeierlichkeiten kann man bis heute sich Details über Aussehen der Kirche bildlich vorstellen.
 
Wenige Tage vor der Weihe war der Bischof von Uthina (= Titularbistum, zurückgehend auf eine Stadt südlich von Tunis) und Weihbischof von Konstanz, Johann Franz Anton Reichsfreiherr von Sirgenstein, nach Weißenstein gekommen. Graf Gaudenz hatte ihm einen 6spännigen Wagen entgegengeschickt, ließ sämtliche Glocken läuten und die sechs in Weißenstein vorhandenen Geschütze Salut donnern. Den ankommenden Bischof empfing der damalige Weißensteiner Pfarrer Steinmeyer mit einem kleinen lateinischen Gebet.
Der Weihbischof war im Hause Rechberg kein Unbekannter, hatte er doch schon die ganze Zeit das Projekt ‘Wallfahrt auf dem Bernhardus’ mit seinen Zustimmungen und Lizenzen begleitet.

Aus dem Augenzeugenbericht zur Weihe der neuen Wallfahrtskirche 
Am 21. Juni 1733 begab sich der Weihbischof zusammen mit sämtlichen anwesenden Klerikern, der Herrschaft - Graf Gaudenz und seine Ehefrau Gräfin Maria Adelheid - und ihren Gästen vom Weißensteiner Schloss zu der eineinhalb Stunden entfernten neuen Kirche. In der alten, noch vorhandenen Kapelle zogen die Geistlichen ihre zeremoniellen Gewänder an. Anschließend formierte sich die Prozession vor dem Hauptportal der neuen Kirche und trotzte dabei dem Regenwetter.
Das Hauptportal war - wie die alte Kapellentür - in grüner Farbe gestrichen. Im Bogen über der Tür war eine Inschrift in Gold, Silber und weiteren Farben angebracht. Unter der Schrift befand sich ein Bildnis des Heiligen Bernhard, umgeben von vielen Gebrechlichen und hilfesuchenden Menschen. Die grüne Kirchentür wurde begleitet von vier Säulen, über denen sich das Wappen der Stifter befand - das Rechberg- und Törring-Seefeld-Wappen. Eine weitere Inschrift fand man am Eingang zur Sakristei im Glockenturm.

Die gesamte Prozession betrat zügig unter Trompetenfanfaren die neue Kirche. Beim Einzug in die Kirche wurde das Kreuz vorangetragen, dann folgten zwei Akolythe mit brennenden Kerzen, dann zwei Choralisten und schließlich der gesamte Klerus und zum Schluss 6 auf spanische Art gekleidete Knaben mit Fackeln. 4 Priester trugen auf einem nach allen Regeln der Kunst verzierten ‘serculo’ das Gnadenbild des Bernhard  (= Translation des Gnadenbildes)

Überlegungen zum Augenzeugenbericht 
An dieser Stelle will ich die Schilderungen zur Weihe der Kirche kurz unterbrechen. Der Bericht des Augenzeugen ist von Bedeutung, weil hier die Überführung (Translation) der Bernhardsfigur aus der alten Kapelle in die neue Kirche beschrieben wird. Damit ist eine bis heute in der Kunstwissenschaft herrschende Frage - ob für die Kirche eine neue Bernhard-Figur geschaffen wurde - eindeutig geklärt. Die in der ehemaligen Wallfahrtskirche aufgestellte Figur war zuvor bereits in der alten Kapelle gestanden und war als Gnadenbild in die neue Wallfahrtskapelle überführt worden. Bis heute ist diese kleine wundertätige Figur erhalten geblieben und befindet sich jetzt in der Wallfahrtskirche auf dem Hohenrechberg.
Heiliger Bernhard, vor 1690 - © GvT

Noch mehr Einzelheiten aus dem Augenzeugenbericht zur Weihe 
Außer dem Stifterpaar Graf Gaudenz und seiner Frau Gräfin Adelheid waren zahlreiche Gäste gekommen: Gräfin Maria Anna Fugger von Kirchheim geb. von Stein, die Herren Cajetan und Aloys Fugger von Kirchheim, Baron Bero von Rechberg-Osterberg - der Neffe und designierte Erbe von Graf Gaudenz, die aus der Nachbarschaft stammende Gräfin von Adelmann zu Hohenstatt samt ihren Kindern und dann Baron Reichlin zu Maisenburg aus dem Großen Lautertal mit Tochter und Sohn. Die adeligen Herrschaften wurden von den Beamten und Bediensteten begleitet. Nach den Ehrengästen drängte sich eine große Menge andächtigen Volks in die Kirche.
Während der Weihefeierlichkeiten assistierten dem Bischof die Geistlichen aus der Umgebung, so der Weißensteiner Pfarrer, sein Frühmesser, die Pfarrer von Ickingen, Bettringen, Weiler (i.d.B.), Treffelhausen, Winzingen und schließlich der Benefiziat vom Bernhardus und der Kaplan des Bischofs. Der Hochaltar wurde geweiht, nachdem das Gnadenbild seinen neuen Standort gefunden hatte. Wieder erklangen die Geschütze, begleitet wurden sie von Trompeten.
Soweit der Bericht des Augenzeugen. 

Weitere Ausstattung der Kirche
Die Kirche war zu diesem Zeitpunkt ihrer Weihe noch nicht vollständig ausgestattet. Im Laufe der Zeit wurde die Innenausstattung der Bernharduskirche stetig ergänzt. Ein Inventar aus dem Jahre 1774 gibt hierzu einigen Aufschluss. So gab es eine große Monstranz sowie eine kleine silberne Monstranz mit einem Partikel des Heiligen Bernhard. Des weiteren war ein Ciborium (= Gefäß zur Aufbewahrung der konsekrierten Hostien) vorhanden. Dazu gab es mehrere Kelche - darunter einen, der ein Geschenk des Prälaten von Kaisheim (altes Kloster nördlich von Donauwörth) gewesen war; einen anderen hatte der Prälat des Klosters Schönthal geschenkt. Außerdem gab es noch zwei von der ‘Heiligenfabrik’ angeschaffte Kelche.
Mit dem Geschenk des Kaisheimer Prälaten, Roger Friesl, hatte es eine besondere Bewandnis. Nach seiner überstandenen Krankheit war Prälat Friesl am 17. April zu seiner versprochene Wallfahrt gekommen. An seinem Ziel gab er ein reichliches Opfer - wohl jenen im Inventar von 1774 erwähnten Kelch.   
Es gab außerdem noch 5 Kruzifixe im Kirchenschatz. Eines war schwarz und mit Silber beschlagen, ein zweites war aus Messing hergestellt, zwei bestanden aus Holz, und das letzte war teilweise vergoldet. Dazu kamen 30 versilberte Leuchter. Die Ausstattung wurde zudem durch mehreren Messbüchern ergänzt. Des weiteren gab es einen Prozessionshimmel, Weihkessel, eine Kirchweihfahne und kleine Ausstattungsgegenstände, wie beispielsweise Blumenvasen. Ebenfalls zur Ausstattung gehörten mehrere Messgewänder und Zubehör, Altartücher und Auflagen.

Pilger und ihre Votivgaben
Die Nachrichten von den Wundern auf dem Bernhardus am Ende der 1720er Jahre hatten sich in rasender Geschwindigkeit verbreitet. Seither strömten immer mehr Pilger zur Kapelle, insbesondere zu den seit Dezember 1728 genehmigten Messen. Dann begannen umliegende Pfarreien, Prozessionen auf den Bernhardus zu unternehmen. Die jährliche Zahl der benötigten kleinen Hostien lag bei einigen Tausend. Besonders im Jahre 1774 kamen nach der überstanden mehrjährigen Hungersnot haufenweise Pilger auf den Berg.
In dem eben in jenem Jahr 1774 angelegten Inventar zur Wallfahrtkirche sind zahlreiche silberne Votivgaben vermerkt: eine Votivtafel, die nicht weiter beschrieben ist, sodann 6 Herzen, 5 Füße, 1 Kopfstück, 1 ganze Person, 4 Augen, 1 St. Johanneszunge und noch einiges mehr. Ebenfalls bei den Votivgaben ist die mit Gold und Silber verzierte Statue des General Gaudenz erwähnt.

Die Bernhardus-Bruderschaft 
Bei der Bernhardus-Kirche hatte sich auch eine Bruderschaft etabliert. Sie warb mit Bruderschaftszeichen, Bruderschaftsbildern und Bruderschaftszetteln für sich. Sie zelebrierte ihre Gemeinschaft an 4 Festtagen im Jahr - St. Johannes, St. Jakob, St. Bartholomä und St. Matthäus. Oftmals sahen Bruderschaften einen ihrer Hauptzwecke darin, sich auch um die wirtschaftlichen Bedürfnisse ihrer Mitmenschen zu kümmern. Mit den Einnahmen aus der Bruderschaftskasse gewährten die Mitglieder Bedürftigen kleine Kredite zu einem festgelegten Prozentsatz. Auf diese Weise trugen Bruderschaften dazu bei, notwendige Investitionen zu ermöglichen oder kurze Durststrecken zu überbrücken. Als Kreditnehmer wurden sowohl Männer als auch Frauen berücksichtigt. 

Quellen und Literatur
GRFAD - einschlägige Archivalien zum Bau der Wallfahrtskirche auf dem Bernhardus, insbesondere der Bericht über die Weihe der neuen Wallfahrtkirche auf dem Bernhardus



Samstag, 3. März 2018

Die barocke Wallfahrt auf dem Bernhardus 

Teil 5: Die Grundsteinlegung und die Bauarbeiten

© Gabriele von Trauchburg


Die Grundsteinlegung

Am 6. Mai 1730 wurde die Grundsteinlegung für die neue Wallfahrtskirche auf dem Bernhardus vorgenommen. Diesem Ereignis wohnten der Bauherr Gaudenz v. Rechberg und seine Gemahlin Frau Maria Adelheim Gräfin von Rechberg, geb. Törring-Seefeld bei. Auch der Kurbayerische Baumeister Gunetzrhainer sowie der Kurbayerische Geometer Franz Anton Bauer waren zu diesem Fest auf den Bernhardus gereist.
In den Grundstein wurde eine Kapsel mit Reliquien, Schatzgeld und ein Bauplan der neuen Kirche eingemauert. Im Verlauf des Festes wurde ein Hochamt gefeiert, anschließend feuerten Geschütze Salut.
Als Beleg für diese Feierlichkeiten wurde ein Bericht angefertigt, den die anwesenden wichtigen Gäste unterzeichneten: es waren dies der Geislinger Dekan Johann Christoph Eichert, die Pfarrer Wilhelm Isidor von Stein (Weißenstein), Johann Jakob Vogelhund (Böhmenkirch), Johann Baptist Egon Ostertag (Treffelhausen), Joseph Anton Schmid (Reichenbach u. Rechberg) und Johann Baptist Seizer (Donzdorf); außerdem finden sich die Unterschriften von  Frühmessern, Kaplänen und weißensteinischen Beamten.

Die Grundsteinlegung blieb nicht das einzige Fest. Jeder sichtbare Baufortschritt, beispielsweise das Richtfest, sowie der Bernhardus-Tag wurden gebührend gefeiert, wie die erhaltenen Spesenrechnungen belegen.

Der Innenausbau der Kirche und die dort beschäftigten Handwerker

Der Innenausbau der Kirche begann im Frühjahr 1731. Sämtliche Einzelheiten des Baus und seiner Ausstattung lassen sich anhand der der schriftlichen Angebote samt den überlieferten Rechnungen erfassen.

Der Meister des Hochaltares: Nicht mehr eindeutig feststellbar ist, wer den Entwurf für den Altar anfertigte. Die Namen der ausführenden Handwerker sind hingegen überliefert. Die Schreinerarbeiten erledigte Johann Georg Schopp aus der Fuggerherrschaft Kirchberg/Iller. Für die Anfertigung des Altares veranschlagte Schopp einen Zeitraum von insgesamt 18 Wochen, in denen er und seine beiden Gesellen dieses Werk vollbringen wollten. Im Jahre 1732 erhielt er seine Bezahlung in Höhe von 170 Gulden.

Entwurf für den Hochaltar in der Wallfahrtskirche auf dem Bernhardus - © GvT

Man war mit seiner Arbeit offensichtlich zufrieden, denn er erhielt zusätzlich den Auftrag zur Anfertigung der beiden Nebenaltäre. Für diese wurden Schopp und seine Mitarbeiter mit weiteren 200 Gulden belohnt.

Die farbliche Fassung: Den Auftrag zur farblichen Ausgestaltung des Hochaltares erhielt der Altar durch Johann Jakob Kummer aus Eybach. Und damit begegnet uns wieder ein bereits bekannter Künstler, denn Kummer war bereits an der Dekoration der Weißensteiner Kirche beteiligt gewesen.
Seinen Kostenvoranschlag für den Choraltar stellte er im April 1731 vor. Die darin geschilderten Posten samt einer Entwurfszeichnung vom Altar lassen Rückschlüsse auf dessen Aussehen zu. Der Altar war aus Holz hergestellt. Dieses Holz wurde nun derartig farbig gefasst, dass es wie der schönste Marmor aussah und glänzte. Zusätzlich war er noch reichlich mit Gold verziert. - Und wieder erinnern wir uns an die Weißensteiner Kirche. Für die Arbeitszeit veranschlagte Meister Kummer insgesamt 12 Wochen, in denen er und seine beiden Gesellen ihre Arbeit erfolgreich abschließen wollten.
Zusätzlich übernahm Kummer die Vergoldung des Knopfes auf dem Turm. Außerdem gestaltete er den Tabernakel und die Nebenaltäre und die Antipendien. Jakob Kummer erhielt allein für die farbliche Fassung des Altares die beachtliche Summe von 266 Gulden.

Zur Innenausstattung wurde außerdem ein Degginger Bildhauer seit 1731 herangezogen. Erst in der Rechnung des folgenden Jahres erfährt man seinen Namen. Es handelte sich dabei um Jakob Schweizer, der für seine nicht näher aufgeschlüsselten Arbeiten insgesamt 36 Gulden erhielt. Jakob Schweizer ist derjenige Bildhauer, der ein paar Jahre später den Weißensteiner Altar anfertigte.

Die Kirchenstühle und den hölzernen Kirchenboden stellte der Schreiner Adam Schmölz her. Weitere Angaben zu ihm sind bisher nicht aufzufinden.

Am Ende hatte der Bau der neuen Kirche auf dem St. Bernhard die beachtliche Summe von 7836 Gulden verschlungen.


Quellen und Literatur

GRFAD - einschlägige Archivalien zum Bau der Wallfahrtskirche auf dem Bernhardus
Gabriele von Trauchburg, Lauterstein - Kirchenführer, Lauterstein 2015

Donnerstag, 1. März 2018

Die barocke Wallfahrt auf dem Bernhardus 

Teil 4: Der Architekt der Wallfahrtskirche und sein Baumeister


© Gabriele von Trauchburg





In Teil 3 dieser Reihe habe ich bereits darauf hingewiesen, dass der Initiator und Bauherr, Graf Gaudenz von Rechberg, zu seinen Lebzeiten ein in München hoch angesehener Mann gewesen war, der zur Elite am kurfürstlichen Hofe zählte. Von einer derartigen Persönlichkeit wurde erwartet, dass sie entsprechend ihrem hochrangigen gesellschaftlichen Status einen anerkannten Künstler mit Arbeiten beauftragten. Und Graf Gaudenz hatte diesen in Johann Baptist Gunetzrhainer gefunden.

Der Münchner Baumeister Johann Baptist Gunetzrhaimer

Der Name Gunetzrhainer ist in unserer Region völlig unbekannt - in Oberbayern hingegen beginnen die Augen von Kunstexperten zu leuchten, wenn sie ihn hören. Aus diesem Grunde möchte ich ihn hier kurz vorstellen.
Der 1692 geborene Johann Baptist Gunetzrhainer war Sohn des Münchner Stadtmaurermeisters Martin Gunetzrhainer und älterer Bruder des Baumeisters Ignaz Anton Gunetzrhainer. Seine Ausbildung schloss er 1709 am Jesuitengymnasium in München ab. Unter dem Star-Architekten seiner Zeit, Joseph Effner, war Johann Baptist Gunetzrhainer zunächst als „Bauingenieur“ tätig, insbesondere in den Schlössern Forstenried und Nymphenburg, außerdem arbeitete er an der kurfürstlichen Schwaige Schleißheim mit. Anschließend war er unter anderem in Augsburg, Mering, München, Deggendorf, Schärding, Tegernsee, Achleiten, am Kollegiatsstift Mattighofen - eben dem Ort im heutigen österreichischen Innviertel, den Gaudenz von Rechberg im Dienste der bayerischen Kurfürsten verwaltete, dann in Landshut, Regensburg, Waakirchen und Ruhpolding tätig. 1745 wurde Johann Baptist Gunetzrhainer zum Nachfolger Joseph Effners zum 1. Oberhofbaumeister in München ernannt.
Das baugestalterische Werk von Johann Baptist Gunetzrhainer wurde insbesondere von Giovanni Antonio Viscardi, dem seinerzeit führenden Architekten u.a. von Altötting, beeinflusst. Die Gunetzrhainer, allen voran Johann Baptist, prägten eine eigene bayerische Note in der europäischen Barockbaukunst, gekennzeichnet durch eine gewisse Leichtigkeit und Verspieltheit, was sie vom schweren Stil der italienischen und französischen Baumeister unterscheidet.
Aus dieser kurzen Lebensbeschreibung lässt sich etwas ganz deutlich ablesen. In der Forschung ist die Tatsache, dass Johann Baptist Gunetzrhainer die Pläne für die Kapelle auf dem Bernhardus entwarf, vollkommen unbekannt. Im Lautersteiner Kirchenführer von 1992 wurde zwar auf diese Fakten hingewiesen, aber die allgemeine Forschung hat diesen Hinweis bisher nicht weiter zur Kenntnis genommen.

Aufriss der Wallfahrtskirche auf dem Bernhardus, um 1730 - © GvT

Die Unterlagen im Gräflich Rechbergschen Familienarchiv belegen eindeutig, dass sich der Münchner Toparchitekt seiner Zeit mehrfach auf dem Bernhardusberg aufhielt, um sich vom Fortgang der Arbeiten zu überzeugen. Gunetzrhainer erhielt für den gelieferten Entwurf am 11. Oktober 1729 eine Entlohnung von 60 Gulden.  

Der Baumeister Christian Wiedemann

Der Baumeister, der die Planungen von Gunetzrhainer ausführen sollte, ist für die Weißensteiner inzwischen kein Unbekannter mehr. Es handelte sich um den in Elchingen wohnenden Christian Wiedemann, der die Weißensteiner Kirche barockisierte und die Degginger Wallfahrtskirche Ave Maria erbaute. Wiedemann gehörte also erneut in das Team der ausführenden Handwerker und Kunsthandwerker. Von 1729 bis 1733 ist er auf dem Bernhardus beschäftigt - eine ebenfalls bisher unbekannte Tatsache. Auf seine Anregung hin wurde ein fähiger Münchner Architekt - Johann Baptist Gunetzrhainer - gesucht, der v.a. die klimatischen Bedingungen beim Bau berücksichtigen sollte.
Wiedemann ließ sich seine Arbeit mit 300 Gulden entlohnen. Er war nicht allein auf den Berg gekommen. Auch sein Sohn war in die Arbeiten mit integriert. An 59 Tagen wohnten sie beim Gastwirt auf dem Bernhardus.

Am Baubeginn 

Am 17. Dezember 1729 waren alle Fragen zum Bauplatz gelöst. Baumeister Wiedemann war zusammen mit Weißensteiner Beamten auf den Bernhardus gekommen, um vor Ort Lösungen zu erarbeiten. Zunächst bestimmte man einen Bauplatz, der vor den schlimmsten Unwettern geschützt war. Dann wurden die Proportionen und die Form des künftigen Bauwerkes ausgehend vom vorliegenden Riss festgelegt. 
Die Baustelle wurde systematisch eingerichtet. Zunächst wurde das Gelände ausgesteckt: Die Kirche sollte eine Länge von 96 Pariser Schuh, eine lichte Höhe von 36 Pariser Schuh und eine Turmhöhe von 85 Pariser Schuh bekommen. Der gewöhnliche Schuh besitzt seine Länge zwischen 28 und 32 Zentimeter, der Pariser Schuh betrug 32,48394 Zentimeter. Diese Angabe erlaubt es, die Maße umzurechnen. Somit kommt man auf folgende Ausmaße der geplanten Wallfahrtskirche: Länge - 31 Meter, leider keine ersten Angaben zur Breite, Höhe - 10 Meter und Turmhöhe - 27,6 Meter.  
Anschließend wurden eine Hülbe gegraben, Lehm ab- und ein Kalkofen zuerst ausgegraben und dann errichtet. Das zum Bau notwendige Baumaterial wurde ab 1729 aus der näheren Umgebung auf den Bernhardusberg gebracht. Sämtliche umliegenden Bauern wurden in diese Arbeiten mit einbezogen und dafür entlohnt.
  • Die Steine wurden in Weißenstein und Treffelhausen gebrochen und dann zur Baustelle gebracht. Dort verarbeitete sie der Gmünder Steinmetz Johannes Fux. 
  • Der benötigte Sand kam von der Bargauer Steige. 
  • Die Latten und Bretter lieferte ein Mann namens Hilsenbeck aus Steinenbühl (b. Adelmannsfelden). 
  • Die Ziegel kamen aus Bartholomä, Großeislingen, Staufeneck und Unterwaldstetten. 
  • Wasser und Kalk wurden mit Karren zur Baustelle gebracht. 



Quellen und Literatur

https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Baptist_Gunetzrhainer
http://www.sueddeutscher-barock.ch/In-Meister/s-z/Wiedemann_Christian.html - allerdings ohne Nennung seiner Tätigkeit bei Ave Maria (Deggingen) und der Stadtpfarrkirche Weißenstein.
GRFAD - einschlägige Archivalien zum Bau der Wallfahrtskirche auf dem Bernhardus


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