Donnerstag, 1. März 2018

Die barocke Wallfahrt auf dem Bernhardus 

Teil 4: Der Architekt der Wallfahrtskirche und sein Baumeister


© Gabriele von Trauchburg





In Teil 3 dieser Reihe habe ich bereits darauf hingewiesen, dass der Initiator und Bauherr, Graf Gaudenz von Rechberg, zu seinen Lebzeiten ein in München hoch angesehener Mann gewesen war, der zur Elite am kurfürstlichen Hofe zählte. Von einer derartigen Persönlichkeit wurde erwartet, dass sie entsprechend ihrem hochrangigen gesellschaftlichen Status einen anerkannten Künstler mit Arbeiten beauftragten. Und Graf Gaudenz hatte diesen in Johann Baptist Gunetzrhainer gefunden.

Der Münchner Baumeister Johann Baptist Gunetzrhaimer

Der Name Gunetzrhainer ist in unserer Region völlig unbekannt - in Oberbayern hingegen beginnen die Augen von Kunstexperten zu leuchten, wenn sie ihn hören. Aus diesem Grunde möchte ich ihn hier kurz vorstellen.
Der 1692 geborene Johann Baptist Gunetzrhainer war Sohn des Münchner Stadtmaurermeisters Martin Gunetzrhainer und älterer Bruder des Baumeisters Ignaz Anton Gunetzrhainer. Seine Ausbildung schloss er 1709 am Jesuitengymnasium in München ab. Unter dem Star-Architekten seiner Zeit, Joseph Effner, war Johann Baptist Gunetzrhainer zunächst als „Bauingenieur“ tätig, insbesondere in den Schlössern Forstenried und Nymphenburg, außerdem arbeitete er an der kurfürstlichen Schwaige Schleißheim mit. Anschließend war er unter anderem in Augsburg, Mering, München, Deggendorf, Schärding, Tegernsee, Achleiten, am Kollegiatsstift Mattighofen - eben dem Ort im heutigen österreichischen Innviertel, den Gaudenz von Rechberg im Dienste der bayerischen Kurfürsten verwaltete, dann in Landshut, Regensburg, Waakirchen und Ruhpolding tätig. 1745 wurde Johann Baptist Gunetzrhainer zum Nachfolger Joseph Effners zum 1. Oberhofbaumeister in München ernannt.
Das baugestalterische Werk von Johann Baptist Gunetzrhainer wurde insbesondere von Giovanni Antonio Viscardi, dem seinerzeit führenden Architekten u.a. von Altötting, beeinflusst. Die Gunetzrhainer, allen voran Johann Baptist, prägten eine eigene bayerische Note in der europäischen Barockbaukunst, gekennzeichnet durch eine gewisse Leichtigkeit und Verspieltheit, was sie vom schweren Stil der italienischen und französischen Baumeister unterscheidet.
Aus dieser kurzen Lebensbeschreibung lässt sich etwas ganz deutlich ablesen. In der Forschung ist die Tatsache, dass Johann Baptist Gunetzrhainer die Pläne für die Kapelle auf dem Bernhardus entwarf, vollkommen unbekannt. Im Lautersteiner Kirchenführer von 1992 wurde zwar auf diese Fakten hingewiesen, aber die allgemeine Forschung hat diesen Hinweis bisher nicht weiter zur Kenntnis genommen.

Aufriss der Wallfahrtskirche auf dem Bernhardus, um 1730 - © GvT

Die Unterlagen im Gräflich Rechbergschen Familienarchiv belegen eindeutig, dass sich der Münchner Toparchitekt seiner Zeit mehrfach auf dem Bernhardusberg aufhielt, um sich vom Fortgang der Arbeiten zu überzeugen. Gunetzrhainer erhielt für den gelieferten Entwurf am 11. Oktober 1729 eine Entlohnung von 60 Gulden.  

Der Baumeister Christian Wiedemann

Der Baumeister, der die Planungen von Gunetzrhainer ausführen sollte, ist für die Weißensteiner inzwischen kein Unbekannter mehr. Es handelte sich um den in Elchingen wohnenden Christian Wiedemann, der die Weißensteiner Kirche barockisierte und die Degginger Wallfahrtskirche Ave Maria erbaute. Wiedemann gehörte also erneut in das Team der ausführenden Handwerker und Kunsthandwerker. Von 1729 bis 1733 ist er auf dem Bernhardus beschäftigt - eine ebenfalls bisher unbekannte Tatsache. Auf seine Anregung hin wurde ein fähiger Münchner Architekt - Johann Baptist Gunetzrhainer - gesucht, der v.a. die klimatischen Bedingungen beim Bau berücksichtigen sollte.
Wiedemann ließ sich seine Arbeit mit 300 Gulden entlohnen. Er war nicht allein auf den Berg gekommen. Auch sein Sohn war in die Arbeiten mit integriert. An 59 Tagen wohnten sie beim Gastwirt auf dem Bernhardus.

Am Baubeginn 

Am 17. Dezember 1729 waren alle Fragen zum Bauplatz gelöst. Baumeister Wiedemann war zusammen mit Weißensteiner Beamten auf den Bernhardus gekommen, um vor Ort Lösungen zu erarbeiten. Zunächst bestimmte man einen Bauplatz, der vor den schlimmsten Unwettern geschützt war. Dann wurden die Proportionen und die Form des künftigen Bauwerkes ausgehend vom vorliegenden Riss festgelegt. 
Die Baustelle wurde systematisch eingerichtet. Zunächst wurde das Gelände ausgesteckt: Die Kirche sollte eine Länge von 96 Pariser Schuh, eine lichte Höhe von 36 Pariser Schuh und eine Turmhöhe von 85 Pariser Schuh bekommen. Der gewöhnliche Schuh besitzt seine Länge zwischen 28 und 32 Zentimeter, der Pariser Schuh betrug 32,48394 Zentimeter. Diese Angabe erlaubt es, die Maße umzurechnen. Somit kommt man auf folgende Ausmaße der geplanten Wallfahrtskirche: Länge - 31 Meter, leider keine ersten Angaben zur Breite, Höhe - 10 Meter und Turmhöhe - 27,6 Meter.  
Anschließend wurden eine Hülbe gegraben, Lehm ab- und ein Kalkofen zuerst ausgegraben und dann errichtet. Das zum Bau notwendige Baumaterial wurde ab 1729 aus der näheren Umgebung auf den Bernhardusberg gebracht. Sämtliche umliegenden Bauern wurden in diese Arbeiten mit einbezogen und dafür entlohnt.
  • Die Steine wurden in Weißenstein und Treffelhausen gebrochen und dann zur Baustelle gebracht. Dort verarbeitete sie der Gmünder Steinmetz Johannes Fux. 
  • Der benötigte Sand kam von der Bargauer Steige. 
  • Die Latten und Bretter lieferte ein Mann namens Hilsenbeck aus Steinenbühl (b. Adelmannsfelden). 
  • Die Ziegel kamen aus Bartholomä, Großeislingen, Staufeneck und Unterwaldstetten. 
  • Wasser und Kalk wurden mit Karren zur Baustelle gebracht. 



Quellen und Literatur

https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Baptist_Gunetzrhainer
http://www.sueddeutscher-barock.ch/In-Meister/s-z/Wiedemann_Christian.html - allerdings ohne Nennung seiner Tätigkeit bei Ave Maria (Deggingen) und der Stadtpfarrkirche Weißenstein.
GRFAD - einschlägige Archivalien zum Bau der Wallfahrtskirche auf dem Bernhardus


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