Dienstag, 2. Januar 2018

Geschichte(n) der Stadt Donzdorf - Teil 1: Das Scharfenschloss

© Dr. Gabriele von Trauchburg


Eigentlich ist es seltsam, dass Donzdorf erst ziemlich spät - nämlich 1275 - das erste Mal schriftlich erwähnt wird. Die Erklärung für diese Phänomen ist jedoch ziemlich einfach: es hängt damit zusammen, dass der Ort ursprünglich kein Herrschaftssitz gewesen ist. Der Herrschaftssitz war die Höhenburg Scharfenberg, auch Scharfenschloss, genannt. Aus diesem Grund wird jetzt das Augenmerk auf diese mittelalterliche Burg gelegt.

Strategische Lage

Der Kegel, auf dem die Ruine des Scharfenschlosses steht, ist von allen Seiten weithin sichtbar. Die Ruinen der mittelalterlichen Burg verschwinden heute hinter dem auf dem Kegel wachsenden Wald.
Die Lage der mittelalterlichen Burg weist alle typischen Eigenschaften eines derartigen Gebäudekomplexes auf.

Am Fuß der Ruine Scharfenschloss - © GvT
Die Ruine Scharfenschloss thront oberhalb von Donzdorf in 617 Metern Höhe auf einer vom Albtrauf unabhängigen Bergkuppel. Auf diese Weise war die alte, durch einen Mauerring geschützte Burg nahezu uneinnehmbar.
Der älteste Teil der Anlage ist der ehemalige Palas, der Wohnturm. Er ist in seinem Stumpf heute noch erhalten. Später kamen zwei große, mehrstöckige Gebäude hinzu, deren Grundrisse sich den Gegebenheiten auf dem Berg anpassten. Teilweise bestehen Teile des Palas und eines der großen Gebäude aus staufischen Buckelquadern.

Mauer der Ruine Scharfenschloss mit staufischen Buckelquadern (links) - © GvT
 Von der Burg besitzt man einen weiten Blick über den westlich gelegenen Albtrauf sowie das mittlere und untere Filstal. Durch das Filstal verlief eine Königs- oder Reichsstraße, die ständig unter besonderer Beobachtung stand.

Blick vom Scharfenschloss nach Westen entlang des Albtraufs - © GvT
In Süßen teilte sich diese Straße. Der eine Teil führte weiter über das Filstal nach Geislingen, dann nach Ulm und weiter Richtung Süden. Auf diesem Teil zogen die deutschen Könige und viele Kaufleute mit ihren vollbeladenen Wagen.  Der andere Teil der Straße führte ins Lautertal und von dort zum wohl niedrigsten Albaufstieg in Weißenstein.
Blick von der alten Donzdorfer Steige über den Kirchturm von St. Georg in Unterweckerstell zur Ruine Scharfenschloss - © GvT
Doch auch in Donzdorf gab es eine Steige. Von Donzdorf führte der Weg weiter nach Unterweckerstell und von dort hinauf auf die Albhochfläche. Dieser Weg lag direkt unterhalb der Burg Scharfenberg, der Ort und seine Steige gehörte zum Besitz der Burg. Diese Steige diente vor allem der Verbindung von Schwäbisch Hall und Schwäbisch Gmünd über Geislingen nach Ulm. 
Aufgrund der Kontrolle dieser drei wichtigen Albaufstiege kam der Burg Scharfenberg eine wichtige strategische Bedeutung zu.

Die Herren von Scharfenberg 


Der Name Scharfenberg taucht erstmals 1156 in einer Urkunde des Stauferkaisers Friedrich I. Barbarossa für das Kloster Maulbronn auf. Darin werden die beiden Herren Otto und Friedrich von Scharphinberch genannt. Einer ihrer Nachfahren war Gottfried von Scharfenberg, der 1194 mehrere seiner Leute an das Stauferkloster Lorch übergab, und der Zeuge für Kaiser Friedrich II, Heinrich von Scharfenberg 1214.
Diese beiden Urkunden legen nahe, dass die Burg Scharfenberg mit ihren heute noch sichtbaren staufischen Buckelquadern in der Zeit des großen Herrschergeschlechts angelegt wurde, und deren Inhaber zum Gefolge der Staufer gehörten.

Die Grafen von Helfenstein und die Herren von Rechberg

Zwischen 1194 und 1307 gibt es keine Nachrichten über die Burg und ihre Inhaber. In der Zeit des Niedergangs der Staufer 1268 und den anschließenden politischen Unruhen im Reich muss die Burg - aus welchen Gründen auch immer - zuerst in die Hand der Grafen von Helfenstein gelangt sein.
Doch deren wirtschaftliche Schwierigkeiten am Ende des 13. und zu Beginn des 14. Jahrhunderts sorgten dafür, dass die strategisch wichtige Burg 1307 an Albrecht von Rechberg-Staufeneck, genannt der Landvogt und Vogt von Achalm und Hohenstaufen, übergeben werden musste. Der Landvogt war ein hoher Beamter, der im Auftrag des Königs dessen Besitz in einer festgelegten Region verwaltete. 
Im Jahre 1309 kam es zu einem Rechtsstreit zwischen Albrecht von Rechberg und dem Grafen Ulrich von Helfenstein. In dessen Verlauf überfielen der Graf und seine Anhänger den königlichen Landvogt Albrecht, nahmen ihn gefangen, entwendeten ihm seine Pfandbriefe und zerstörten sie. König Heinrich VII. ließ ihm neue Pfandbriefexemplare 1312 in Pisa ausfertigen.
Bisher ist nicht eindeutig zu ermitteln, worum es bei dem Streit zwischen Albrecht von Rechberg und Ulrich von Helfenstein ging. Aber die Zerstörung der Pfandbriefe in der Hand von Albrecht von Rechberg lässt darauf schließen, dass Rechberg ein finanziell gut gestellter Adeliger und der Helfensteiner bei ihm verschuldet war. Es ist durchaus möglich, dass Albrecht von Rechberg mit Hilfe seines Pfandbriefes versuchte, dauerhaft die Burg Scharfenberg an sich zu bringen.  
Am Ende der Auseinandersetzung zwischen den beiden Männern erscheint die Burg auf dem Scharfenberg wieder in helfensteinischer Hand. Doch 1379 verloren die Helfensteiner die Burg letztendlich für immer. Gebhard von Rechberg-Illeraichen kaufte die Burg den nun finanziell nahezu ruinierten Grafen von Helfenstein in jenem Jahr ab.

Die Burg Scharfenberg und die Rechberg

Ab 1379 verblieb die Burg, der zugehörige, am Fuß des Bergkegels gelegene Scharfenhof sowie der halbe Teil der Herrschaft Donzdorf ununterbrochen bis 1732 im Besitz der Herren von Rechberg-Illeraichen. Es bildete sich sogar eine eigene Linie Seitenlinie Rechberg-Scharfenberg aus, die allerdings bereits 1549 im Mannesstamm erlosch. Somit wurde Margarethe von Rechberg-Scharfenberg die Erbin dieser Seitenlinie. Sie war jedoch schon seit 1536 mit Hans von Rechberg-Illeraichen aus dem Hauptzweig der Familie verheiratet, sodass der Besitz dieser Seitenlinie mit dem des Hauptzweiges der Familie wieder zusammengeführt wurde.

Giebelmauer des nördlichen Gebäudes mit Renaissance-Elementen - © GvT

Überreste des nördlichen Gebäudes - © GvT

Dieses Ehepaar Hans und Margarethe von Rechberg-Illeraichen erbaute das Renaissanceschloss in Donzdorf und verließ die mittelalterliche Höhenburg. Der Schwerpunkt der Herrschaft verlagerte sich nun ins Tal nach Donzdorf. Auf der Burg lebte fortan nur noch ein Verwalter mit seiner Familie.
Im 18. Jahrhundert wechselte die Burg dreimal den Besitzer. Durch Erbschaft gelangte sie an die Familie von Reichenstein und Baumgarten. Diese verkaufte 1735 Herrschaft und Burg an Württemberg. 1745 kaufte die andere Linie - Rechberg-Weißenstein - den württembergischen Anteil der Herrschaft Donzdorf und damit auch Burg Scharfenberg zurück (Vgl. Donzdorfer Kapellenweg - Teil 3: Barbarakapelle).
Inzwischen war der Verfall der Burg weit fortgeschritten. Da trotz intensiver Suche keine sinnvolle Nutzung für die Burg im 19. Jahrhundert gefunden werden konnte, wurde sie dem Zerfall preisgegeben. Zuletzt wechselte die Burgruine 1971 den Besitzer.


Quellen und Literatur

- GRFAD - einschlägige Archivalien und Chronik des Pfarrers Joseph Rink
- Württembergisches Urkundenbuch Bd. II, S. 299, Nr. 485 - https://www.wubonline.de/?mp=1&md[visiblemask]=0
- Trauchburg, Gabriele von, Die Rechbergischen Adelssitze als Spiegel familiären Aufstiegs, in: Adelssitze - Adelsherrschaft - Adelsrepräsentation in Altbayern, Franken und Schwaben, Neuburg a.d. Donau 2012, S. 85-133
- https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Scharfenberg_(Donzdorf)


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