Die Wallfahrtskirche Hohenrechberg
Der italienische Barock in der Wallfahrtskirche Hohenrechberg
© Gabriele von Trauchburg, September 2017
Teil 1: Die ersten Einschätzungen zum kunsthistorischen Wert der Wallfahrtskirche
Die kunst- und kulturhistorische Bedeutung der Innenausstattung in der Wallfahrtskirche Hohenrechberg wurde über eine lange Zeit von Einschätzungen aus der zweiten Hälfte des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts geprägt. Karl Eduard Paulus ließ sich positiv von dem Reichtum der Stuckaturen beeindrucken, wie aus seiner Darstellung in der Oberamtsbeschreibung Gmünd von 1870 zu erkennen ist: Kräftige Portale führen in das Innere, einen weiten, schöngegliederten von Kreuz- und Tonnengewölben überspannten Raum, überraschend durch den Reichthum und die Pracht seiner Stuckaturen, welche die vielen Fresken an Wänden und Decke umziehen und sich über Pilaster, Altäre und Kanzel erstrecken. Aus ihren reichen Laubgewinden blicken viele treffliche Figuren besonders Engelsgestalten, und um die Kanzelbrüstung sitzen die vier Evangelisten. Auch die Kirchenstühle, und namentlich die Beichtstühle, sind von sehr bemerkenswerther Schönheit.
Die Wallfahrtskirche zur Schönen Maria auf dem Hohenrechberg, 1686-1689 - © GvT |
Der in Schwäbisch Gmünd geborene Theologe und spätere Bischof Paul Wilhelm Keppler beschrieb in den 1888 erschienenen ‘Württembergs kirchliche Kunstalterthümer’ die Innenausstattung mit den kurzen Stichworten etwas grobe Stuckatur. Weitere Informationen zum Künstler oder zu den Ausführungen sucht man hier vergeblich. Die von Keppler gewählte Beschreibung lässt sich vor dem Hintergrund der durch Johann Michael Keller in Schwäbisch Gmünd eingeführten, leicht und graziös wirkenden Rokoko-Stuckaturen verstehen.
Eduard Paulus beschrieb im dritten Band der ‘Kunst- und Altertums-Denkmale im Königreich Württemberg' von 1907, der dem Jagstkreis und damit u.a. dem Oberamt Gmünd gewidmet ist, in wenigen Sätzen die Innenausstattung von Hohenrechberg. Im Innern Tonnen und Kreuzgewölbe mit derben Stuckverzierungen, die sich auch auf Altäre und Kanzel erstrecken, Laubgewinde mit Figuren von Engeln u.a. An der Kanzelbrüstung sitzen die vier Evangelisten in frei sich lösenden Figuren. ... Wo sich Keppler noch leicht negativ über die Ausstattung äußerte, hat Paulus zwanzig Jahre später ein deutlich abfälligeres Urteil gefällt.
In den von Georg Dehio begründeten Deutschen Kunstdenkmälern enthielt man sich einer Bewertung und beschränkte sich darauf, den Stuckateur Prosper Brenner zu benennen und zwar in der ins Deutsche übertragenen Version seines italienischen Namens. Danach verweist man auf die Volutengiebel. Besondere Eigenheiten, wie die abgebildeten mediterranen Früchte, bleiben unerwähnt.
Ob und welche dieser Einschätzungen nun tatsächlich die Bedeutung der Innenausstattung der Wallfahrtskirche gerecht wird, werden die nachfolgenden Kapitel erweisen.
Quellen und Literatur
- Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer, Beschreibung des Oberamts Gmünd, hrsg. v. d. Königlichen statistisch-topographischen Bureau, Stuttgart 1870, S. 405 - https://de.wikisource.org/wiki/Beschreibung_des_Oberamts_Gm%C3%BCnd/Kapitel_B_17- Paul Keppler, Württemberg’s kirchliche Kunstalterthümer, Rottenburg am Neckar 1888, S. 135 - https://archive.org/stream/wrttembergskirc00keppgoog#page/n215/mode/1up
- Eduard v. Paulus/ Eugen Gradmann (Hrsg.), Die Kunst- und Altertums-Denkmale im Königreich Württemberg - Jagstkreis, Esslingen 1907, S. 453 - https://archive.org/stream/bub_gb_yxArAAAAIAAJ#page/n467/mode/2up
- Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler - Baden-Württemberg I (Regierungsbezirke Stuttgart und Karlsruhe), bearb. v. Dagmar Zimdars, München 1993
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