Dienstag, 30. Januar 2018

Geschichte(n) der Stadt Donzdorf 

© Dr. Gabriele von Trauchburg


Teil 2: Älteste Hinweise auf das Christentum in Donzdorf - Grabbeigaben aus den Alamannengräbern in der Rosenstraße


Mehrere Ursachen führten in den Jahren 259/260 zur Aufgabe des Limes, dem Grenzsystem der Römer in Süddeutschland. Die Römer zogen sich hinter eine überwiegend von den Flüssen Rhein, Iller und Donau natürlich gebildete Grenze zurück. 

In das entstandene Machtvakuum beim Schwarzwald, der Schwäbisch Alb und des Allgäus drangen Alamannen vor. Sie errichteten in den von den Römern geschaffenen Kulturlandschaften neue Siedlungen mit der Endsilbe -ingen - Plochingen, Esslingen, Uhingen, Göppingen, Eislingen, Gingen, Geislingen, Überkingen und Deggingen, um hier die entsprechenden Orte des Filstals zu nennen. Die neuen Ortsgründungen lagen oftmals in direkter Nähe zur ehemals römischen Besiedlung. 

Über die Christianisierung der Alamannen weiß man noch wenig. Hinweise ergeben sich aus ihren Grabbeigaben. Die Alamannen legten ihre Toten in heute als Reihengräber bezeichnete Friedhöfe. Die Toten erhielten ihrem Status innerhalb der Dorfgemeinschaft gemäß Beigaben für ihr Leben im Jenseits. Für Frauen war das neben ihrer Kleidung deren Verzierung mit Fibeln, eine Art Sicherheitsnadeln, auch Gürtel - zum Teil aus Perlen - und daran befestigt eine Spindel. Die Männer wurden in ihren Uniformen beerdigt. Ein Teil davon war ein Gürtel an dem sogenannte Zungen befestigt waren. Diese waren bei reichen Männern mit Mustern verziert. 

Die Donzdorfer Alamannengräber

Erstmals stieß man 1901 beim Bau der Eisenbahnlinie Süßen-Weißenstein auf die Überreste eines alamannischen Friedhofs. In den 1920er Jahren kamen weitere Funde am Beginn des Gingener Wegs zutage und dann in den 1960er Jahren in der Rosenstraße. Die bis dahin schon zahlreichen Funde führten dazu, dass man das Donzdorfer Reihengräberfeld einer systematischen Untersuchung unterzog.
Auf noch unbebautem Gelände zwischen Gingener Weg und Rosenstraße konnten insgesamt 100 Gräber mit 106 Bestattungen nachgewiesen werden, darunter zwei enthauptete, auf die Bauchseite gelegte Pferde, die ihrem Besitzer im Jenseits zur Verfügung stehen sollten. Auch die hohe Anzahl der auf diesem kleinen Raum gefundenen Spathen (= 2schneidiges Schwert, Hauptwaffe der Männer) - nämlich 19 - weist darauf hin, dass in diesem Bereich des Gräberfeldes die in der Hierarchie hochrangigen Dorfmitglieder beerdigt worden waren.

Das Grab der Dame von Donzdorf

Der wohl schönste und aussagekräftigste Fund kam 2,48 m unter der Erdoberfläche zutage - das Grab der sogenannten Dame von Donzdorf. Es enthielt nur wenige, aber dafür besonders qualitätsvolle Beigaben. Um den Hals hatte sie einst eine Kette aus Glas- und Goldperlen getragen. Auf der Brust waren rechts und links je eine etwa 5 cm im Durchmesser große, goldene, mit dunkelrotem Alamandin (= Halbedelstein) verzierte Brosche an ihrer Kleidung befestigt gewesen. Am Ringfinger der linken Hand hatte ein goldener Ring mit Aufbau gesteckt.
Zu ihrer Kleidung hatte ein Wickelrock gehört, der von zwei prachtvollen, knapp 14 cm große Bügelfibeln (= eine Art Sicherheitsnadeln) aus Silber zusammengehalten wurde - ähnlich den Schottenröcken. Die Bügelfibeln waren aus massiven Silber gegossen. Deutlich erkennt man darin Spiralen, menschliche Masken und Tierleiber, die feuervergoldet sind. Die bei der Dame von Donzdorf gefundenen, in die 1. Hälfte des 6. Jahrhunderts datierten, großen Bügelfibeln stammen wohl ursprünglich aus Jütland.

Fibeln aus dem Grab der Dame von Donzdorf, 1. Hälfte 6. Jh. - © Landesmuseum Württemberg, Stuttgart

Heute sind diese wertvollen Stücke in der Schausammlung "LegendäreMeisterWerke" im Alten Schloss in Stuttgart zu sehen. 

Der älteste Hinweis auf das Christentum in Donzdorf - ein Kreuzzeichen


Bei den Ausgrabungen in der Rosenstraße entdeckte man auch mehrere Männergräber. Dabei entdeckte man am Gürtel, die mit Zungen aus Metall verziert waren. Nachdem diese Zungen gereinigt waren, zeigten diejenigen aus einem Grab auf dem Areal Rosenstraße bei näherer Betrachtung, dass sich am Beginn ihrer Inschrift ein Kreuz befindet. Anschließend kann man folgende Worte entziffern: ungetrübt (lauter, rein) möge sich jener der (ewigen) Ruhe erfreuen, der gegürtet war.
Der Fundort - der alamannische Friedhof von Donzdorf, Zungen an einem Gürtel sowie das Kreuz und die Inschrift auf jeder einzelnen Zunge - lässt sich mit einem Vers im Lukas-Evangelium 12, 34-35 in Verbindung bringen. Hier findet sich die Aufforderung, man solle gegürtet vor den Herrn treten - eine Aufforderung, die der Träger dieses Gürtels wortwörtlich genommen hatte. (Fotos zu den Metallzungen s. unten: www.inschriften.net)

Zeitliche Einordnung

Der Gürtel mit seinen Zungen wird in die Mitte bis zum Ende des 7. Jahrhunderts datiert.


Quellen und Literatur

http://www.inschriften.net/landkreis-goeppingen/inschrift/nr/di041-0001.html#content
https://www.museum-digital.de/bawue/index.php?t=objekt&oges=30
Eduard M. Neuffer, Das Adelsgrab im Reihengräberfeld von Donzdorf, in: Donzdorf - Heimatbuch, hrsg. v. d. Stadt Donzdorf, Donzdorf 1976 - Abbildung der Bügelfibeln der Adeligen von Donzdorf S. 24, Tafel 5. 

 

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