Montag, 1. Januar 2018

Der italienische Barock in der Wallfahrtskapelle Hohenrechberg - Teil 7: Prospero Brenno und seine stilistische Handschrift - Die Engelkariathiden

Die Wallfahrtskirche Hohenrechberg

Der italienische Barock in der Wallfahrtskapelle Hohenrechberg

© Gabriele von Trauchburg 


Teil 7: Prospero Brenno und seine stilistische Handschrift - Die Engelkariathiden


Die Methode des Vergleichs fundiert auf einer ausreichenden Menge an Vergleichsmaterial. Dieses Verfahren wurde in Bezug auf Prospero Brenno und sein Schaffen bisher nicht angewandt, weil zu wenig gesichertes Material zur Verfügung stand. Mancher Vergleich scheiterte daran, dass entweder die Namen der Künstler nicht bekannt sind - wie bei der ehemaligen Klosterkirche Tegernsee - oder aber die Künstlerinitialen auf unterschiedliche Weise gedeutet wurden - wie im Falle der Annenkapelle in der Franziskanerkirche von Salzburg.
Gerade die Stuckaturen in dieser Salzburger Kapelle bieten sich jedoch aufgrund zweier Elemente auf einzigartige Weise zum Vergleich mit Hohenrechberg an.
  • In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass der Altar der Kirche aus Stuck gearbeitet ist - genauso wie in Hohenrechberg. 
  • Zudem wird das Altarbild von zwei auffallenden Engeln begleitet. Sie sind ihrer Funktion nach Kariathiden - genauso wie in Hohenrechberg.
Altar der Annenkapelle in der Salzburger Franziskanerkirche von PB, 1680 - © GvT



Hochaltar der Wallfahrtskirche Hohenrechberg von Prospero Brenno, 1689 - © GvT

Diese erste Gegenüberstellung der beiden Altäre von Salzburg und Hohenrechberg zeigt bereits die großen stilistischen Übereinstimmung bei den Kariathidenengeln.
 

Prospero Brenno, Engelkariathide, linke
Seite - Hohenrechberg 1689 - © GvT

PB, Engelkariathide, rechte Seite - Salzburg 1680 - © GvT
  


Prospero Brenno, Engelkariathide, rechte Seite - © GvT
PB, Engelkariathide, linke Seite - © GvT

Die direkte Gegenüberstellung der Engelkariathiden in der Salzburger Franziskanerkirche und in der Wallfahrtskirche Hohenrechberg zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Die Kleidung aller Engel ist nahezu die gleiche. Sie tragen alle dieselben Stiefel mit ihren blumenförmigen Vorderknöpfen. Alle Engel tragen einen Unterrock, über dem ein mit Riemen besetzter Gürtel liegt. Der Körper ist durch einen Panzer geschützt. Die Salzburger Engel erhielten noch zusätzlich einen weiten Mantel. Alle vier Engel besitzen eine üppige Lockenpracht. Selbst die Form ihrer Flügel stimmt beim jeweiligen Engelpaar überein. 
Doch trotz aller bisher entdeckten Übereinstimmungen lassen sich die vier Engel in zwei Gruppen einteilen: der linke Hohenrechberger Engel und der rechte Salzburger Engel - sowie der rechte Hohenrechberger Engel und der linke Salzburger Engel. Deutlich geht dies aus der Haltung ihrer Arme hervor. Sie sind nicht exakt identisch geformt, aber in Form und Duktus doch sehr nah beieinander. 
Bei den beiden Hohenrechberger Engelkariathiden kennt man den Künstler. Die Heiligenrechnung der Wallfahrtskirche Hohenrechberg von 1688 enthält den Vertragsabschluss für die Altäre, anzufertigen durch Prospero Brenno. 
In Salzburg hingegen kennt man nur die Initialen des Künstlers: PB. Bisher wurde diese Signatur mit Paolo Brenno übersetzt. Gegen diese Hypothese spricht die Tatsache, dass es laut den bisherigen genealogischen Studien keinen ausgebildeten Stuckateur namens Paolo Brenno um 1680 gab.  Zudem lassen die hier festgestellten Übereinstimmungen bei der Gestaltung der Engelkariathiden eigentlich nur noch den einen Schluss zu, dass in Hohenrechberg und Salzburg derselben Künstler - Prospero Brenno - am Werk gewesen ist.  




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