Sonntag, 10. September 2017

Die Wallfahrtskirche Hohenrechberg - Gemeinsam für Gott - Teil 4: 1688 - Der Innenausbau

Die Wallfahrtskirche Hohenrechberg

 

Gemeinsam für Gott - Patronatsherren, Handwerker, Tagelöhner und Künstler. Vortrag zum Tag des Deutschen Denkmals 2017

 

 © Gabriele von Trauchburg, September 2017


    Teil 4: 1688 - Der Innenausbau

Die Bauarbeiten für den Neubau der Kapelle auf dem Hohenrechberg waren auch 1687 in vollem Gang. Wie ich in Teil 1 berichtete, hatte der Baumeister ein Modell der Kirche gebaut, einen Kostenvoranschlag über 5000 Gulden (fl) errechnet, Arbeiter aus Rechberg eine Zisterne und Kalkgruben gegraben, dann wurde ein Kalkofen eingerichtet, erste Bruch- und Kalksteine gebrochen und teilweise zu gebranntem Kalk verarbeitet.
In Teil 2 konnte aufgezeigt werden, dass inzwischen die Mauern des Langhauses vollständig errichtet und sogar bereits der Dachstuhl aufgestellt war.
In Teil 3 ließ sich nachweisen, dass die gesamten Maurerarbeiten an der Kapelle im Außenbereich abgeschlossen waren und nur noch der Turm aufzumauern war. Sogar die Hälfte des Außenputzes war schon aufgebracht. Auch bei der Innengestaltung war man schon ein gutes Stück vorangekommen, denn das Deckengewölbe war fertig geworden. Zudem hatte der vorgesehene Stuckateur, Prospero Breno, einige Tage in Donzdorf verbracht und dort in Absprache mit dem Patronatsherrn die Gestaltung der Kirche besprochen und dann in einem Plan aufgezeichnet. Auf diese Weise war man gut für das kommende Jahr 1688 vorbereitet.  

Die Auftraggeber - Der Patronatsherr und seine Familie

Der Patronatsherr Franz Albrecht setzte gemeinsam mit seiner Mutter Maria Jakobäa und seiner Ehefrau Katharina Barbara von Spaur den Kapellenbau fort. Dem jungen Patronatsherrn und seiner Frau fiel nun die Aufgabe zu, die Innengestaltung der Kirche zu überwachen.

Wappen des Patronatsherrn Franz Albrecht von Rechberg (links) und seiner Frau Gräfin Katharina Barbara von Spaur - © GvT


Der Baumeister und sein Parlier

Nach wie vor war der aus Vorarlberg stammenden und im vorderösterreichischen Günzburg arbeitenden Baumeister Valerian Brenner der Baumeister auf der Hohenrechberger Baustelle.  Im Laufe des Jahres kam er wohl nur einmal auf die Baustelle, um den Fortschritt des Bauwerks zu überwachen, denn seine Spesen beim Wirt Leonhard Nuding in Rechberg-Hinterweiler betrugen 1688 gerade einmal 36 Kreuzer. Bei dieser Gelegenheit übernachtete er beim Adlerwirt Hans Kessler in Donzdorf, am Sitz seines Auftraggebers. Dort entstand eine Spesenrechnung von 5 Gulden 42 Kreuzer, als Valerian Brenner gemeinsam mit dem erstmals erwähnten Steinmetz und dem neuen Stuckateur Prospero Breno zusammensaß. Hier wurden wohl der Einstand der beiden letztgenannten gefeiert.  
Auf der Position des Parliers gab es ebenfalls keine Veränderung. Nach wie vor wählte und prüfte Johann Wille die benötigten Baumaterialien und überwachte die Arbeiten.

Die Wächter über die Baukosten

Im Jahr 1688 begegnen uns wieder die Heiligenpfleger des Vorjahres, Andreas Wagenblast vom Kleineshof und Michael Wahl vom Stollenhof bei der Kontrolle der Baufinanzen und anderen Finanzbereichen der Kapelle. Diesen beiden Männern setzten ihre Art der Rechnungsführung mit dem Aufzeichnen einer ganzen Reihe interessanter Einzelheiten zum Geschehen auf der Baustelle fort.
 

Die Handwerker 

Nachdem Prospero Brennos Entwurf für die Ausgestaltung der neuen Wallfahrtskapelle die herrschaftliche Zustimmung erhalten hatte, erhielt er seinen Arbeitsvertrag. Darin war festgelegt worden, dass der Stuckateur von Mantriß (Mendrisio) aus der Schweiz, die Kapell auszugipsen per 350 fl und 6 Taller Leykauff verdingt worden. Bei Brennos Einstand auf der Baustelle, gefeiert beim Wirt Nuding in Rechberg, wurde gleichzeitig auch noch der Vertrag über die Errichtung des Chor- und der beiden Seitenaltäre abgeschlossen.
Gleichzeitig mit dem Stuckateur arbeitete auch der Schwäbisch Gmünder Maler Johann Georg Heberle, in der Kapelle. Auf drei Deckenfeldern sollten die Themen ‘Geburt Christi’, ‘Maria Heimsuchung’ und den ‘Englischen Gruß’ dargestellt werden. Hinzu kamen noch zwei andere Gemälde im Chor und im Langhaus. Schließlich sollte er auch noch den Turmknopf und das ebenfalls darauf plazierte Spanische Kreuz vergolden. Für seine Arbeiten waren 50 Gulden vorgesehen. 
Die Maurer arbeiteten vom 22. April bis 20. Oktober 1688 und erhielten insgesamt 331 Gulden 48 Kreuzer. Als nun sämtliche Maurerarbeiten abgeschlossen waren, bekam der Polier zusätzlich
10 Gulden ausbezahlt.
Georg Persch und seine Mitstreiter waren ebenfalls noch das gesamt Jahr über mit Steinbrechen, dem Schlagen von Holz für den Kalkofen, dem Werfen von Sand, dem Rühren von Mörtel und dem Materialtransport für die Maurern und den Stuckateur Gipsmeister beschäftigt gewesen. Dafür erhielten sie insgesamt 399 Gulden Lohn.
Der Zimmermeister Reichel aus Lautern konnte seine Arbeiten abschließen und erhielt eine letzte Ratenzahlung in Höhe von 40 Gulden. Die letzten Arbeiten am Dach wurden über das Jahr hinweg ausgeführt.
Johann Miller aus Oberböbingen lieferte die Eichenschindeln für die Kirchturmkuppel und das Dach des Oratoriums und deckte die beiden Dachteile innerhalb von 17 Arbeitstagen. Für jeden Arbeitstag erhielt er 30 Kreuzer, also in der Gesamtsumme 8 Gulden und 45 Kreuzer. Die Schindeln im Bereich der Turmkuppel und des Oratoriumdaches wurden dann noch mit einer Mischung aus Leinöl und Kupferfarbe, beides geliefert vom Gmünder Kramer Hans Schleicher und im Wert von 2 Gulden, versiegelt.
Die Gmünder Kupferschmiede Michael und Veit Beck fertigten den Turmknopf aus 53 Pfund Kupfer und 2 Pfund Zinn für die Summe von 30 Gulden 42 Kreuzer an. Hinzu kamen noch 2 Kupferrinnen und 2 Wasserspeier in Form von Drachenköpfen. Für diese beiden Aufträge erhielten sie noch weitere 162 Gulden.
Nun fehlten noch die Fenster. Diese stellten die beiden Gmünder Glaser Johann Schleicher und Johann Deibler her. Man hatte ausdrücklich helle Scheiben bei ihnen bestellt, für die man ihnen 148 Gulden 22 Kreuzer bezahlte. 
Schließlich arbeitete noch der Winzinger Schreiner Michael Frey in der alten Kapelle, wo er das gesamte Holz ausbaute. Für seine Arbeit wurde er mit 2 Gulden 39 Kreuzern entlohnt.

Das Baumaterial

Der Rechberger Schmied Caspar Joß fertigte oder reparierte Arbeitsmaterial in Höhe von 4 Gulden 54 Kreuzern an. Beim Gmünder Siebmacher Johann Arnold wurde ein neues Sieb für das Sandwerfen für 45 Kreuzer angeschafft und beim Gmünder Hersteller von Kübeln, Georg Franz, kaufte man für 1 Gulden 44 Kreuzern Eimer für die Stuckateure. Der Waldstetter Ziegler Andreas Huber lieferte wieder Brandsteine und -platten als Grundlage für den Maurermörtel und erhielt dafür 42 Gulden 54 Kreuzer.  
Nun fehlte noch der Boden. Zu diesem Zweck beauftragte man den Steinmetz Simon Speth aus Mernzen (= Markt Mörnsheim) mit der Lieferung von 1200 Solnhofer Marmorplatten in der Größe 18 Zoll auf 18 Zoll und 4 Zoll Stärke. Diese Lieferung sollte auf Vorrat vorbereitet werden, damit es bei Bedarf keine Lieferverzögerung geben sollte. Kosten dieser Lieferung belief sich auf 6 Gulden pro 100 Steinplatten, insgesamt auf 72 Gulden. Bei Vertragsunterschrift wurden 3 Gulden Abschlag fällig. 
Das gesamte Kirchendach wurde mit 17.650 Eichenschindeln eingedeckt. Diese lieferte Hans Nothard vom Fuchshof und seine ungenannten Mitstreiter. Für die Herstellung und ihre Montage erhielten die Männer 25 Gulden 34 Kreuzer. Damit die Schindeln befestigt werden konnten, benötigten sie 22.000 Schindelnägel im Wert von 22 Gulden, die der Gmünder Nagelschmied Simon Porst lieferte. Damit die Schindeln gegen Wind und Wetter geschützt waren, scheint man sie mit 83 Pfund Leinöl im Wert von 10 Gulden, bestellt beim Donzdorfer Sägmüller Georg Wesch, versiegelt zu haben.

Die Transporte

Auch im Jahr 1688 gab es einige Transporte zu bewältigen. Am wichtigsten waren die Transporte von Gipskalk, die Mathias Binder und drei Mitstreiter von Schnittlingen nach Hohenrechberg führten. Vier dieser Fuhren waren kostenlose Fronarbeit, danach berechneten die Fuhrleute Gebühren in Höhe von 4 Gulden und erhielten Hafer für ihre Pferde. In weiteren Fuhren im Wert von 23 Gulden 52 Kreuzer brachte man Wasser und Kalk für die Weiterverarbeiten zum Kalkofen.

Die Baufortschritte

Anhand der Heiligenrechnung von 1688 lassen sich deutlich die Fertigstellung einzelner Bauabschnitte erkennen. Die Maurer arbeiteten noch bis zum Schluss der Bausaison am 20. Oktober 1688, danach wurden sie mit einem Ausstandstrunk in Höhe von 1 Gulden 30 Kreuzer verabschiedet. Die gesamte Bedachung war in jenem Jahr noch fertig geworden. Die Kapelle erhielt ein Eichenschindeldach, das an besonders exponierten Stellen mit einer Kupferfarbe überzogen war. Das Äußere der Kirche war damit Ende 1688 abgeschlossen.
Auch der Innenraum nahm sein uns heute vertrautes Aussehen an. Wie im Vertrag vereinbahrt  hatte der Stuckateur das Innere der Kirche komplett ausgegipst und erhielt dafür auch die volle Höhe der vereinbarten Zahlungen. Die Versorgung mit Gipskalk hatte sich als problematisch erwiesen. Das Kalkgestein auf dem Hohenrechberg genügte den gestellten Anforderungen nicht, weshalb man auf Gipskalk von Schnittlingen und Ellwangen ausgewichen war. Bei der Verarbeitung von Gips wurde in der Vergangenheit vielfach Brot bzw. Brotrinde zur Glättung der Oberfläche verwendet. Zu diesem Zweck wohl lieferte der Rechberger Bäcker Hans Blessing Brot im Wert von 8 Gulden 12 Kreuzer. Dann hatte auch noch der Gmünder Maler Johann Georg Heberle im Lauf des Jahres 1688 seine vereinbarten Arbeiten abgeschlossen.
Im großen und ganzen waren damit die Arbeiten an der Kapelle abgeschlossen. Es war abgesehen von den Gemälden ein lichtdurchflutetes, in seinem Inneren komplett weiß gehaltenes Gotteshaus nach dem Vorbild von Andrea Palladio entstanden.


Quellen und Literatur

- GRFAD - HA, Heiligenrechnungen der Kapelle Hohenrechberg 1685-1689
- GRFAD - RA, einschlägige Archivalien zum Bau der Kapelle Hohenrechberg
- von Trauchburg, Gabriele, Pfarr- und Wallfahrtskirche zur Schönen Maria auf dem  Hohenrechberg, Donzdorf 2016
- Kurzfilm zur Schindelherstellung: https://www.youtube.com/watch?v=zleU86ndljg
- Kurzfilm zur Schindeldeckung: https://www.youtube.com/watch?v=0Xt_3yddW4c

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