Adelige Eigenkirche?
Kirchen und Kapellen gehen bis zum Ende der Frühen Neuzeit in der Regel auf Stiftungen von adeligen Laien zurück. Die Stiftung beinhaltete den Bau des Gebäudes und dessen ökonomische Ausstattung. Oftmals verpflichtete sich der Stifter auch noch zur Übernahme weiterer grundlegender Bauarbeiten. Damit diese Stiftungen den Lauf der Zeit überstehen konnten, wurden sie in der Regel mit Grund und Boden ausgestattet. Die daraus erwirtschafteten Abgaben sollten zum Unterhalt von Gebäuden und Geistlichen dienen. Im Gegenzug behielten sich die Stifter das Recht auf das Kirchenpatronat vor.Laut der Verkaufsurkunde von 1379 befand sich die Kapelle von Unterweckerstell damals im Besitz einer Gräfin von Helfenstein. Es liegt also die Vermutung nahe, dass die Kapelle eine adelige Stiftung ist. Doch von wem?
Die Herren von Scharfenberg
Die Tatsache, dass es in der Kapelle von Unterweckerstell ein romanisches Fenster und ein in die 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts datiertes Kreuzrippengewölbe gibt, weist auf die Erbauung der Kapelle in der Stauferzeit hin. Somit käme Heinrich von Scharfenberg, der 1214 als Zeuge in einer Urkunde von Kaiser Friedrich II., noch einmal 1221 gemeinsam mit seinem Verwandten Berthold in einer Urkunde des Speyerer Bischofs Konrad und zuletzt 1230 in einer in Speyer ausgestellten Urkunde des Stauferkönigs Heinrich VII. auftritt, als Stifter durchaus in Frage.Nach 1230 lassen sich weder Heinrich von Scharfenberg noch sein Verwandter Berthold in weiteren Urkunden feststellen. Möglicherweise waren die Scharfenberg mit der Absetzung von König Heinrich VII. durch seinen Vater Kaiser Friedrich II. aus ihren Diensten entlassen worden und hatten sich auf ihre Burg zurückgezogen. Weil es keine weiteren Nachrichten von ihnen gibt, könnte aber auch die Familie um die Mitte des 13. Jahrhunderts ausgestorben sein.
Die Grafen von Helfenstein
Ihre Nachfolger waren offensichtlich die Grafen von Helfenstein, denn die Burg und der zugehörige Besitz - darunter die Unterweckersteller Kapelle - befindet sich Ende des 13. Jahrhunderts in ihrem Besitz, wie man aus den Umständen eines Streits zwischen den Adelsfamilien Rechberg und Helfenstein schließen kann (Label: Scharfenschloss ). Die Grafen von Helfenstein kämen also auch als Stifter der Kapelle in Betracht.Bei der Teilung im Hause Helfenstein in die Linien Wiesensteig und Blaubeuren, gelangte die Herrschaft Scharfenberg an die Blaubeurer Linie des Ulrich VII. Als dieser 1375 verstarb, übernahm dessen Witwe Anna, geborene Gräfin von Oettingen, die herrschaftlichen Geschäfte. Aus diesem Grund tritt sie in der Verkaufsurkunde vom 11. Juli 1379 als Verkäuferin der Herrschaft Scharfenberg mit der Kapelle auf. Sie veräußerte Scharpfenberg - die Vestin L(e)ut und Gut mit Buw (Bau) der darzu gehöret - vnd Eschenbach diu gut L(e)ut und Gut mit aller Zugehörde waz wir do haben, und Wekerstal, diu gut L(e)ut u. Gut mit allen Zugehörden u. mit der Capelle doselbens zu Wekerstal um 3000 weniger 80 Gulden ungerischen (= ungarischen) und beheimisch (= böhmisch) gut Gelts an Gold an Gebhard von Rechberg-Illereichen.
Der Verkauf von Scharfenberg, einem strategisch wichtigen Punkt auf dem Weg zum damaligen Hauptsitz der Helfenstein-Blaubeuren in Heidenheim, durch Anna von Helfenstein-Blaubeuren markiert den Rückzug dieses Familienzweiges vom Albtrauf.
Die Herren und Grafen von Rechberg
Ab dem Kauf der Herrschaft Scharfenberg im Jahre 1379 bis 1732 blieb die Burg mit dem gesamten Zubehör - und damit auch der Kapelle St. Georg - im Besitz der Herren und Grafen von Rechberg. In einem kurzen Zeitraum zwischen 1732 und 1745 befand sich die Herrschaft u.a. im Besitz des Herzogtums Württemberg, kam dann jedoch durch Kauf an das Haus Rechberg zurück (Label: Scharfenschloss). Unklar ist, wann die Kapelle St. Georg in die Pfarrei Donzdorf eingegliedert wurde, möglicherweise gehörte sie schon immer dorthin.Zu Beginn des 15. Jahrhunderts, am 7. Oktober 1407 stiftete Gebhard von Rechberg-Illereichen die Erneuerung der St. Georgsmesse in Unterweckerstell.
Quellen und Literatur
GRFAD - UrkundenHeribert Hummel, Donzdorf - Die Kirchen der Stadt Donzdorf (Kirchenführer), Weißenhorn 1995
https://de.wikipedia.org/wiki/Eigenkirche
https://apudgiselingen.blogspot.com/search/label/Ulrich%20V.%20von%20Helfenstein
https://www.die-helfensteiner.de/index.php/altvorderen/die-grafen.html
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen