Montag, 1. Januar 2018

Der italienische Barock in der Wallfahrtskirche Hohenrechberg - Teil 3: Die Arbeiten des Prospero Brenno

Die Wallfahrtskirche Hohenrechberg


Der italienische Barock in der Wallfahrtskirche Hohenrechberg



© Gabriele von Trauchburg



Teil 3: Die Arbeiten des Prospero Brenno


Über den 1638 geborenen  Prospero Brenno gibt es bis zum Alter von 34 Jahren keinerlei schriftliche Nachrichten. Das bedeutet, dass man keine Informationen über seine Ausbildung und seine ersten Aufträge besitzt. Auch für die Zeit danach findet man nur wenige schriftliche Unterlagen. Vielfach ist man deshalb darauf angewiesen, durch Stilvergleich die Werke Brennos zu identifizieren.

Würzburg, Rathaus - 1672
Erstmals in Akten nachweisbar wurde Prospero Brenno im Jahre 1672, als er in Würzburg den großen Saal im sogenannten ‘Roten Bau’ des Rathauses stuckierte. Dieser Saal wurde während des 2. Weltkriegs zerstört. Nur wenige alte Fotos sind erhalten geblieben und geben erste Hinweise auf seine künstlerische Handschrift. Mehrfach zeigen sie auffallend große Engel.

München, Theatinerkirche - 1673-1675
Im Jahr darauf findet man Prospero Brenno und seinen jüngeren Bruder Giovanni Battista II. sowie etwa 10 weitere Italiener auf der Baustelle der Münchner Theatinerkirche. Dort arbeitete Brenno ein Jahr lang unter der Leitung des aus Nürnberg gekommenen Carlo Moretti Brentano. Im Folgejahr 1674 ist Brentano wieder in Nürnberg, wo er die Decke im Fembohaus (Stadtmuseum) anfertigte.
Obwohl 1674 auch noch die Bauleitung von Agostino Barelli an Enrico Zucalli übergegangen war, arbeitete Prospero Brenno weiterhin in der Theatinerkirche. Er erhielt 7 Gulden pro Woche !!! als Arbeitslohn.
Der Stilvergleich mit seinen späteren Werken legt nahe, dass Brenno eine herausragende Position bei der Gestaltung der Theatinerkirche eingenommen hatte, es wird sogar angenommen, dass Brenno die Leitung der Stuckateure inne gehabt hatte, was aufgrund der Lohnhöhe durchaus gerechtfertigt wäre.

Theatinerkirche München - © GvT


München, Residenz - 1675
Kurz vor dem Abschluss der Stuckarbeiten in der Theatinerkirche wurde Brenno laut einer Anekdote 1675 von der Theatinerbaustelle abgeworben, um die Gestaltung der neuen Räume der Kurfürstin Henriette Adelaide vorzunehmen. Von ihren Zimmern ist heute nur noch der Deckenstuck im vierten Sommerzimmer erhalten geblieben. 

Salzburg, Annenkapelle in der Franziskanerkirche - 1679-80
Der nächste bekannte Auftrag führte Prospero Brenno in die Franziskanerkirche nach Salzburg. Dort wurde der Chor der gotischen Hallenkirche barockisiert. Hier stattete Brenno 1680 die Annakapelle aus. 
Gegenwärtig gilt aufgrund der Signatur 1680 PBSF ein 'Paolo Brenno (aus) Salorino fecit' als der Urheber der Stuckaturen in dieser Kapelle. Zwei Gründe sprechen jedoch gegen diese Interpretation des Künstlernamens:
  1. Wirft man einen Blick auf die im vorigen Kapitel beschriebenen biographischen Daten der Familie Brenno, so zeigt sich, dass der einzige bekannte Paolo Brenno der 1673 geborene Sohn von Prospero war. Dieser hätte dann im zarten Alter von 7 Jahren die Kapelle gestaltet - was doch wohl definitiv unwahrscheinlich ist.  
  2. zeigt ein Stilvergleich mit den nachfolgenden Werken von Prospero Brenno, dass sie in Teilen der Komposition wie der Ausführung mit der Gestaltung der Annakapelle übereinstimmen.
Erzbischof Max Gandolf Kuenberg stiftete 1679 die Annakapelle in der Franziskanerkirche. Im Gegensatz zu den benachbarten, überwiegend in Weiß gehaltenen Stuckaturen wählte der Stifter schwere, von dunkler Bronze überhöhte Stuckarbeiten. Die Kapelle besitzt einen Stuckaltar mit Engelkaryatiden - wie in Hohenrechberg.

Annenkapelle in der Franziskanerkirche in Salzburg - © GvT


Niederbayern, Saldenburg - um 1682
Die ab 1368 errichtete Burg Saldenburg gelangte 1677 in den Besitz der Grafenfamilie Preysing, die wie die Grafenfamilie Rechberg zum engsten Zirkel am kurfüstlichen Hofe in München zählte.
Durch einen Blitzschlag wurde der Wohnturm teilweise zerstörte und im Anschluss im Barockstil wiederhergestellt. Im Speisesaal und in der Burgkapelle sind die von Prospero Brenno angefertigten Stuckaturen zu sehen.   
In dieser Zeit arbeitete Prospero höchstwahrscheinlich auch in der Steinfelskirche in Landau/Isar.

Tegernsee, Klosterkirche St. Quirinus - ab 1678
Die Barockisierung der Tegernseer Klosterkirche St. Quirinus erfolgte ab 1678 nach den Plänen von Enrico Zuccalli. In die ursprünglich gotische Kirche wurde ein Querhaus eingezogen, wodurch auch eine Vierung entstand. Anschließend an die Bauarbeiten entstand bis um 1690 die reiche Stuckierung.
Die üppige, ganz in Weiß gehaltene Stuckdekoration mit Fruchtgehängen und Engelsfiguren stammt von italienischen Stuckateuren, deren Namen nicht überliefert sind. Bisher wurden die Stuckaturen in St. Quirinus Niccolò Perti zugeschrieben - wohl weil sie denen in der Theatinerkirche in München und in der Klosterkirche Benediktbeuern ähneln und Perti dort ebenfalls gearbeitet hatte.
Der Stilvergleich von Tegernsee, Benediktbeuren und Hohenrechberg legt jedoch die Vermutung nahe, dass hier Prospero Brenno in herausragender Position tätig war. In diesem Fall hätte also das bereits in der Münchner Theatinerkirche bewährte Duo Zucalli - Brenno ein zweites Mal zusammen gearbeitet.

Benediktbeuern, Klosterkirche und Klostergebäude - 1683-1686
Zwischen 1683 und 1686 wird Prospero Brenno als Stuckateur der neuen Stiftskirche von Benediktbeuern genannt. Hier arbeitete er wieder mit Niccolò Perti zusammen. Weil P. Leo Weber die Werke von Prospero Brenno nicht einzuschätzen vermochte, schreibt er Niccolò Perti die in seinen Augen qualitätsvolleren Arbeiten zu ohne einen konkreten Stilvergleich vorgenommen zu haben.

Klosterkirche Benediktbeuern - © GvT


Hohenrechberg, Wallfahrtskirche - 1688-1689
Wohl im Herbst 1687 kam Prospero Brenno nach Donzdorf (Lkr. Göppingen), der Residenz des Franz Albert von Rechberg. Gemeinsam mit ihm als Auftraggeber entwickelte Brenno die Innenausstattung für die im Bau befindliche neue Wallfahrtkirche auf dem Hohenrechberg (Schwäbisch Gmünd, Lkr. Ostalb).
Im Folgejahr gipsten Brenno und seine Mitarbeiter zuerst die gesamte Kirche aus, schufen die Pilaster mit den herauskragenden Kapitellen und Gesimsen, die Decke mit ihren zahlreichen Engeln und den üppig gestalteten Chor, ehe sie 1689 die Altäre aus Stuck und zuletzt die Kanzel errichteten.

Wallfahrtskirche Hohenrechberg - © GvT


Weggental, Wallfahrtskirche 
Wie in Hohenrechberg war auch bei der Wallfahrtskirche Weggental (Rottenburg a. Neckar) der Vorarlberger Baumeister Valerian Brenner tätig. Brenno und Brenner besaßen wohl eine ähnliche Arbeitsverbindung wie zuvor Brenno und Zucalli.
In der Wallfahrtskirche zur schmerzhaften Muttergottes im Weggental schuf Brenno gemeinsam mit seinen beiden Söhne Paolo und Giulio Francesco die Kapitelle und den Chor, wie der Stilvergleich eindeutig erkennen lässt.


Wallfahrtskirche Weggental, Rottenburg am Neckar - © GvT


Birenbach, Wallfahrtskirche - um 1689
Zwischen 1690 und 1698 wurde die Wallfahrtskirche Birenbach errichtet. Weil Baupläne und Archivalien aus der Bauzeit fehlen, ist man hier besonders auf den stilistischen Vergleich angewiesen. Als Baumeister gilt wie in Hohenrechberg Valerian Brenner. Und die Pilaster und Kapitelle weisen deutlich auf Prospero Brenno hin. Offenbar bewährte sich in der Wallfahrtskirche in Birenbach ein drittes Mal das Gespann Valerian Brenner und Prospero Brenno.

Wallfahrtskirche Birenbach (Lkr. Göppingen) - © GvT

Wettenhausen, Augustinerchorherrenstift - 1694
Ein viertes Mal lässt sich die Zusammenarbeit von Valerian Brenner und Prospero Brenno beim Augustinerchorherrenstift Wettenhausen nachweisen. Beim Bau der Kirche ab 1670 war Brenner vermutlich der Palier der herausragenden Vorarlberger Baumeisters Michael Thumb.
Im Jahre 1694 arbeitet Prospero Brenno an der Stuckausstattung des Augustinerchorherrenstifts Wettenhausen im Trupp von Hans Jörg Brix. Brenno werden unter anderem die überlebensgrossen, vollplastisch gearbeiteten Engel im sogenannten Kaisersaal des Konventsgebäudes zugeschrieben. Aber es gibt auch Details in der Kirche im Bereich der Decke und des Orgelsprospektes, die zur stilistischen Handschrift von Brenno passen.

Decke im Kaisersaal des Augustinerchorherrenstifts Wettenhausen - © GvT


Giovanni Prospero Brenno stirbt am 18. Januar 1696 im Alter von 60 Jahren in Salorino. Sein Sohn Paolo Gerolamo überlebt ihn gerade einmal um zwei Jahre.


Quellen und Literatur

Heunoske, Werner, Tessiner Stuckatoren im Umkreis des Münchner Hofes: die Brüder Prospero und Giovanni Battista II. Brenno, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 61/2, 2004, S. 117-142
http://www.sueddeutscher-barock.ch/In-Meister/a-g/Brenni_Prospero.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Salorino - Stichwort: Persönlichkeiten
https://www.uibk.ac.at/aia/brenno_paolo.html
http://www.kirchen-fuehrer.info/franziskanerkirche-salzburg/fuehrung-durch-die-kirche/kapellenkranz.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Franziskanerkirche_(Salzburg)
https://www.erzbistum-muenchen.de/Pfarrei/PV-Tegernsee-Egern-Kreuth/cont/75205
Gabriele von Trauchburg, Pfarr- und Wallfahrtskirche zur Schönen Maria auf dem Hohenrechberg (Kirchenführer ), Rechberg 2016

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