Mittwoch, 4. Oktober 2017

Geschichte(n) der Stadt Lauterstein - Teil 2: Der Kredit des Albrecht I. von Rechberg-Hohenrechberg für Kaiser Karl IV.

Gabriele von Trauchburg, © Oktober 2017


Wie man aus einer Urkunde von 1384 entnehmen kann, war in jenem Jahr der Ort Weißenstein bereits zur Stadt erhoben gewesen. Nun stellt sich die Frage, wer die Initiative zur Stadterhebung ergriffen haben und welche Motive der Initiator gehabt haben könnte.
Die Erhebung eines Ortes zur Stadt konnte nur der deutsche König vornehmen, denn ihm allein stand dieses Recht zu. Das bedeutet nun, dass die beiden Weißensteiner Dorfherren, Albrecht I. und sein Sohn Wilhelm, während der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts über eine besondere Beziehung zum Kaiserhaus verfügt haben mussten. Diese gilt es nun zu entdecken.  

Ein Kredit und dessen Bedeutung

Von Albrecht I. von Rechberg-Hohenrechberg († 1348), verheiratet mit Agnes von Hohenlohe-Brauneck-Haltenbergstetten - einer reichen Erbin, weiß man abgesehen von einem Kredit kaum etwas. Im Jahre 1347 gewährte Albrecht von Rechberg offenbar eine große Geldsumme. Diese war nicht für irgend jemanden bestimmt, sondern für den jungen König Karl IV.  
Die brisante Bedeutung dieses Kredites zeigt sich erst bei näherer Betrachtung. Im Jahre 1346 wurde Karl IV. aus dem Hause Luxemburg als Gegenkönig zu Kaiser Ludwig dem Bayern gewählt. Aufgrund dieses Vorgangs mussten die damaligen Zeitgenossen mit einem beginnenden  Machtkampf rechnen, der dann jedoch aufgrund des Todes von Ludwig d. Bayern im Oktober 1147 ausblieb.
Mit dem Tod des Kaisers entstand eine vollkommen neue Situation im Deutschen Reich. Jeder einzelne Herrschaftsträger musste nun für sich die Entscheidung treffen, welcher neuen Partei er künftig angehören wollte - im vorliegenden Fall dem bereits gewählten Gegenkönig oder dem von der wittelsbachischen Partei aufgestellten Gegner Günther von Schwarzburg.
Den Rechberg fiel diese Entscheidung offenbar leicht, denn Karl IV. erbte 1347 von seinem Vater zusätzlich noch die böhmische Königskrone. Er besaß damit einen stärkeren politischen Rückhalt, als sein politischer Gegner Günther von Schwarzburg. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Schwarzburg gegen Karl IV. durchsetzen konnte, war gering. Es war daher nur folgerichtig, sich dem letzteren zuzuwenden.  
Trotz seines politischen Rückhalts in Böhmen benötigte der junge König Karl IV. enorme Geldmengen, um seine Herrschaft endgültig durchzusetzen. Die Reichsstädte und einige Kurfürsten stellten große Geldmengen gegen den Erhalt von wichtigen und einträglichen Privilegien bereit. Zusätzlich konnte Karl IV. auch von weiteren Adeligen mit finanzieller Unterstützung rechnen.
Zu diesen zählte schon früh Albrecht I. von Rechberg-Hohenrechberg, als er bereits 1347 die  bedeutende Geldsumme von 1000 Mark Silber dem jungen König zur Verfügung zu stellen. Die mittelalterliche Mark ist traditionell ein halbes Pfund und wurde üblicherweise in 8 Unzen oder 16 Lot eingeteilt.
Albrecht von Rechberg stellte also 500 Pfund Silber dem neuen König zur Verfügung. Im Gegenzug versetzte König Karl IV. seinem Kreditgeber Albrecht von Rechberg und dessen Erben die dem Reich zustehenden Einnahmen der Reichsstadt Ulm aus dem Ammanamt, die Steuer, Abgaben der Juden, das Umgeld, Zölle und noch etliches mehr.
Auf diese Weise flossen ab 1348 jährlich 100 Pfund Heller in die Kasse auf dem Hohenrechberg. Im schwäbischen Bereich entsprach der Heller ursprünglich dem Pfennig, so dass 240 Heller ein Pfund ergaben.
Albrecht I. von Rechberg-Hohenrechberg starb nach 1348. Sein einziger Sohn Wilhelm ließ sich am 6. Januar 1351 alle Urkunden des Kaisers Karl IV., die sein Vater bezüglich des Kredits erhalten hatte, bestätigen. Und am 11. November des gleichen Jahres bestätigte Wilhelm in einer Quittung den Empfang der 100 Pfund von der Stadt Ulm. Dieses Verfahren sollte nach Willen des Kaisers auch künftig angewandt werden und wurde zuletzt 1398 bestätigt. 

Wilhelm von Rechberg und Kaiser Karl IV.

Die Nähe des Wilhelm von Rechberg zu Kaiser Karl IV. hielt bis zum Ende von dessen Regierung 1378 an. Im Jahre 1359 war Wilhelm Zeuge in einem Diplom des Kaisers, das in Kloster Denkendorf (Landkreis Esslingen) ausgestellt worden war. Ein Jahr später hielt sich Wilhelm am kaiserlichen Hof in Prag auf, wo er erneut als Zeuge in einer Urkunde vom 2. November auftrat. Zuletzt genehmigte Kaiser Karl IV. am 14. März 1378, dass Wilhelm die Einnahmen aus dem Ulmer Ammanamt selbst als Kredit vergeben konnte.

Schlussfolgerungen für die Stadterhebung von Weißenstein

Diese Zusammenstellung mehrerer Urkunden zeigt erstmals auf, dass Albrecht I. und sein Sohn Wilhelm von Rechberg-Hohenrechberg zwischen 1346 und 1378 eine enge Verbindung zu Kaiser Karl IV. pflegten. Eine ähnliche Beziehung zu Karls IV. Nachfolger, seinem Sohn Wenzel IV., ist nicht überliefert.
Mit dieser Beobachtung erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass das Stadtrechtsprivileg für Weißenstein wohl in der Zeit zwischen 1351 und 1378 von Kaiser Karl IV. erteilt worden war. Am ehesten kommt wohl die Zeit um 1360 in Frage, als Wilhelm von Rechberg sich beim Kaiser in Prag aufhielt. Die Stiftung der Kaplanei St. Georg 1384 darf man dann als allmählichen Ausbau von Weißenstein zur Stadt verstehen.

Quellen und Literatur

GRFAD - Urkunde von 13 84 - mit dem 1. Hinweis auf Weißensteins Status als Stadt
Ulmer Urkundenbuch 2, S. 307, Nr. 305 - http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0007/bsb00072452/images/index.html?id=00072452&groesser=&fip=193.174.98.30&no=&seite=323
GRFAD - Rink-Chronik II
Seibt, Ferdinand, Karl IV. - ein Kaiser in Europa 1346-1378, München 1994

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