Montag, 5. Juni 2017

Reformation im mittleren Filstal, Teil 7 - Der Verlauf der Reformation in Schlat

© Gabriele von Trauchburg, Mai 2017



Die ersten konkreten Daten zur Geschichte der Pfarrei St. Andreas 

Die Existenz einer Pfarrei in Schlat (Lkr. Göppingen) wird erstmals im Zehntregister des Bistums Konstanz von 1275 belegt. Damals war sie Bestandteil des Dekanats Süßen. Weitere Details gibt das Register zunächst nicht preis. Aus dieser Nennung geht jedoch hervor, dass die Pfarrei zumindest  älter als das Konstanzer Zehntregister ist.
Die nächste schriftliche Überlieferung datiert in das Jahr 1351. Am 24. Juni jenen Jahres übergaben die Grafen Ulrich der Ältere und Ulrich der Jüngere von Helfenstein unter anderem das Schlater Patronatsrecht und den in der Regel zugehörigen großen Versorgungshof der Pfarrei, das Widdum, dem Abt und Konvent des Klosters Königsbronn, wie die entsprechende Urkunde im Hauptstaatsarchiv Stuttgart aufzeigt.

Andreas-Kirche in Schlat - © GvT

Vorgeschichte der Pfarrei St. Andreas

Die Urkunde von 1351 bietet den Raum zu Überlegungen über den oder die Gründer der Schlater Pfarrei. Die älteren Besitzer des Patronatsrechtes, also das Recht zur Besetzung der Pfarrei durch einen Geistlichen und die Pflicht zum Bau und Unterhalt der Kirche, waren die Grafen von Helfenstein. Sie sind die Rechts- und Besitznachfolger der Richinza von Spitzenberg. Diese Verbindung zwischen Richinza und den Helfensteinern eröffnet eine ganz neue Sichtweise auf die Entwicklung der Pfarrei.
Die erste Erwähnung eines bisher nicht näher identifizierten Ortes namens 'Schlatt' findet sich in einer Urkunde des Klosters St. Georgen aus dem Jahre 1139. Bisher konnte dieses Schlatt nicht identifiziert werden. Doch mit Hilfe von gängigen Regeln bei Besitz- und Rechtsnachfolge im Mittelalter lässt sich nun eine überzeugende Erklärung aufbauen.
Als einer der Stifter des Klosters St. Georgen gilt Ludwig von Sigmaringen († 1094). Dieser Ludwig war mit Richinza von Spitzenberg, Tochter des Berthold I. von Zähringen, Herzog von Kärnten und Markgraf von Verona, verheiratet. Richinza brachte ihrem Mann reichen Besitz im oberen Filstal und vermutlich auch Schlat mit in die Ehe. Es ist daher durchaus wahrscheinlich, dass über Ludwig von Spitzenberg-Sigmaringen und seine Frau Richinza das 'praedium' (Gut) Schlat an das um 1085 gegründete Kloster St. Georgen gelangte.
Weil die Schlater Pfarrei dem Heiligen Andreas gewidmet ist, darf man davon ausgehen, dass sie schon zum Zeitpunkt der Schenkung - also um 1085 - bestand. Denn, wenn die Pfarrei damals noch nicht existiert hätte, wäre es Aufgabe von St. Georgen gewesen, eine Pfarrei zu gründen. Diese hätte dann den Klosterheiligen - St. Georg - als Schutzpatron erhalten, so wie Gingen/Fils seine Kirchenpatrone vom Kloster Lorsch erhielt.
Einen Hacken hat dieses Modell allerdings: es gibt keine stichhaltige Erklärung, wann und warum das Patronatsrecht von Schlat vom Kloster St. Georgen an die Grafen von Helfensteiner gelangt sein könnte. Ein Tausch ist die wahrscheinlichste Möglichkeit, aber aufgrund fehlender Urkunden oder sonstiger schriftlicher Nachrichten nicht nachweisbar.


Die Pfarrei Schlat vor der Reformation

Im 15. Jahrhundert tobten die großen Städtekriege und Adelsfehden. Auch Schlat blieb davon nicht verschont. Sein schweres Schicksal fasst das Investiturprotokoll für Pfarrer im Bistums Konstanz aus dem Jahre 1464 mit dem einzigen Wort ‘ruinosam’ zusammen. Zu dieser Umschreibung passt auch die Tatsache, dass in den 1470er Jahren das Kirchengebäude wie in Donzdorf und Gingen einen ähnlichen spätgotischen Spitzhelm ausgestattet wurde.    
Bei der Einführung der Reformation in Schlat ging man bisher davon aus, dass sie im Jahre  1537 erfolgte. Denn das Kloster Adelberg besaß einen Anteil von 2/3 an der Dorfherrschaft, und dieses Kloster wurde unter württembergischem Einfluss ab 1535 reformiert.
Doch bei dieser Argumentation wurde übersehen, dass das Kloster Adelberg zwar die Dorfherrschaft, jedoch eben nicht das Patronatsrecht innegehabt hatte! Dieses lag nach wie vor beim Kloster Königsbronn. Das bedeutet, dass 1537 keine Reformation in Schlat stattfand.
Einen ersten Versuch zur Reformation des Klosters durch das Herzogtum Württemberg wurde 1539 unternommen. Doch die Mönche verweigerten die Annahme des neuen Glaubens. Das Kloster und sein Besitz blieben weiterhin dem katholischen Glauben treu.
Den Schmalkaldischen Krieg, die zwischen Kaiser Karl V. und den evangelischen Ständen von 1546 -1547 herrschenden bewaffnete Auseinandersetzung, überstand das Kloster ohne größere Schäden. Sein Ende kam im Zweiten Markgrafenkrieg, als die Truppen des Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach, die Klosteranlage 1552 niederbrannten. Dadurch waren die katholischen Mönche gezwungen, die Klosterruinen zu verlassen.

Die Einführung der Reformation in Schlat

Diese Situation nutzte Herzog Christoph von Württemberg für sich aus. Er hob das Kloster 1556 auf der Grundlage des Augsburger Religionsfriedens von 1555 auf und wandelte dessen Gebäudeüberreste in eine evangelische Klosterschule um. Gleichzeitig wurden die Pfarreien des Klosters  reformiert - so auch Schlat.
Die hier geschilderten Ereignisse widerspiegeln sich auch in der Tafel mit den Namen der evangelischen Pfarrern in der Schlater Andreas-Kirche. Der erste, dort genannte Pfarrer war Jakob Epp, der 1558 in sein Amt eingeführt worden war. Schon ein Jahr später folgte ihm Konrad Binder nach. Der nächste Pfarrerwechsel erfolgte 1565, als Urban Keller (Cellarius) nach Schlat kam und dort bis 1580 blieb. 

Tafel mit den Namen der in der Andreas-Kirche in Schlat amtierenden Pfarrer - © Jochen Falge, Schlat


Quellen und Literatur

- Konstanzer Zehnregister von 1275
- Privileg des Papstes Innozenz II. vom 14. April 1139 im Württembergisches Urkundenbuch. Dazu auch: www.michael-buhlmann.de/PDF_Texte/mbhp_va21_pdf.pdf
- Zu Richinza von Spitzenberg vgl. http://stadtarchiv-geislingen.de/wp-content/uploads/2016/01/12.-Jh.-Ludwig-von-Helfenstein.pdf) und Heinz Bühler, Richinza von Spitzenberg und ihr Verwandtenkreis. Ein Beitrag zur Geschichte der Grafen von Helfenstein, in: Ders., Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Gesammelte Aufsätze, Weißenhorn 1996, S. 191-216. 


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