Sonntag, 6. Januar 2019

Der Donzdorfer Kapellenweg - Teil 7: Oberweckerstell - Abriss in der Napoleonischen Zeit

© Gabriele von Trauchburg


Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts stand eine Kapelle in unmittelbarer Nähe des heutigen Bildstocks von Oberweckerstell.

Bildstock von Oberweckerstell - © GvT

Der Bildstock markiert gleichzeitig das Ende des Aufstiegs der alten Donzdorfer Steige und die Ankunft auf der Hochfläche.
In Oberweckerstell erreichte auch noch ein zweiter, im Mittelalter äußerst wichtiger Weg die Albhochfläche. Er hatte seinen Ausgangspunkt beim ehemaligen Steinbruch (heute bei den  Tennisplätzen des TC Donzdorf), wo zahllose Stein für das Ulmer Münster gewonnen wurden. Diese Donzdorfer Sandsteinquader sind bis heute leicht im Ulmer Münster erkennbar: Die gelben Fensterlaibungen und die gelben Steine des Kreuzrippengewölbes wurden aus dem stark eisenhaltigen Donzdorfer Sandstein gefertigt und verleihen dem Münster bei Sonnenschein einen goldeen Glanz. 
Der Transportweg vom Steinbruch verlief bis Oberweckerstell stetig bergan. Von hier aus führte der Weg weiter in Richtung Geislingen und zur Reichsstadt Ulm. Händler aus dem Gmünder Raum mit ihren Fuhrwägen, die Transporteure der Steinfuhren für das Ulmer Münster und die Pilger aus dem mittleren Remstal auf dem Weg nach Jerusalem, Rom und Santiago de Compostella kamen hier vorbei.
An diesem Treffpunkt zweier alter Straßen wurde 1714 die Oberweckersteller Dreifaltigkeits-Kapelle errichtet und dann 1733 geweiht. Ihr Erbauer war der Oberweckersteller Bauer Hans Kottmann. Die Kapelle entwickelte sich zu einer Bauernwallfahrt. 1744 goss der Ulmer Gießer Gottlieb Korn, der auch schon 1731 die Unterweckersteller Glocke gegossen hatte, nun eine Glocke für sie. Schon zwei Jahre später musste sie Kapelle von Grund auf saniert werden. Schließlich wurde sie 70 Jahre später - also 1814 - abgebrochen.
Grund hierfür war nicht, wie immer behauptet wird, die Philosophie der Aufklärung und der Wessenbergianismus, sondern der finanzielle Zusammenbruch in ganz Süddeutschland nach den Napoleonischen Kriegen. Der Staat stand am Rande des Bankrotts und ebenso die Kirche. Aus diesem Grunde wurden sämtliche als verzichtbar angesehenen Ausgabenposten gestrichen, man konzentrierte sich auf das Wesentliche, die Pfarrkirche.
An Stelle der Oberweckersteller Kapelle wurde kurz nach dem Abriss ein Bildstock errichtet. Dieser wurde im Winter 1928/29 durch den auf der mehrere hundert Jahre alten Linde lastenden Schneedruck zerstört. Die mächtige, vier- bis fünfhundert Jahre alte Linde mit ihren weit ausladenden Äste kann man heute noch auf dem Wegdreieck am Kapellenweg bei Oberweckerstell bewundern.
Danach ließ 1930 die gräfliche Familie Rechberg rund 80 Meter weiter entfernt einen neuen Bildstock errichten. Der Bildstock sowie der Flurname ‘Bei der Kapelle’ erinnern weiterhin an die alte Kapelle.

Die mehrere hundert Jahre alte Linde von Oberweckerstell, ein Naturdenkmal - © GvT
Die ehemalige Kapelle wie auch der heutige Bildstock sind der Verehrung der Dreifaltigkeit (Trinitatis) - Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist - gewidmet. An dieser Stelle wird der allumfassende Gott durch ein stilles Gebet verehrt, in vergangener Zeit wohl besonders für den gewährten Schutz und Beistand der gefährlichen Aufstiegsstrecke. Die Darstellung der in Holz geschnitzten Dreifaltigkeit hatte der Donzdorfer Pfarrer Bolsinger in Oberammergau in Auftrag gegeben.

Quellen und Literatur

Anton Gruber u.a., Glaubenszeichen in und um Donzdorf, Donzdorf o.J.
Walter Ziegler, Die Kulturdenkmale des Kreises Göppingen, Göppingen o.J.

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